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  Algerien 1989 Teil 2 von 5: Ghardaia - Tamanrasset


Ghardaia, der Hauptplatz




Ghardaia
Die Stadt Ghardaia und ihre Schwesterstädte in der Umgebung wurde im 11. Jahrhundert von der strenggläubigen islamischen Mozabiten-Sekte gegründet, die wegen ihrer extremen Ansichten auswandern musste und hier in der Wüste eine neue Heimat gefunden hat. Eine Haltung, die sich auch in einer ganz anderen Atmosphäre, Bauweise in der Stadt ausdrückt. Pastellfarben herrschen vor, die Gassen sind sauber, ja malerisch.

Der schönste Campingplatz der Reise liegt auch hier, in einem alten Palmenhain, der durch einen Bewässerungsgraben halbiert wird. Im vorderen Bereich drängen sich die Autos, hinten dagegen ist reichlich Platz - nur Motorräder und Fahrräder können über die schmale Brücke geschoben werden.
Wir treffen einige Gleichgesinnte, auch Moppedfahrer die aus der Richtung kommen in die wir fahren möchten. Für Gesprächsstoff ist also gesorgt. Nach ruhiger Nacht werden wir unsanft vom Geschrei der Muezzins bei Sonnenaufgang geweckt, ein genereller Nachteil von heiligen Städten! Ruhetag, besichtigen, einkaufen, kochen, telefonieren, Post aufgeben.

Die einheimischen Frauen laufen zumeist verhüllt herum, das weite Tuch wird so gehalten, dass nur ein Auge herausschaut. Fotografieren würde definitiv Ärger geben!
Am nächsten Tag geht es weiter, nur ungern trennen wir uns von dem schönen Platz.


Wir hatten hier auch unsere Reserven an algerischen Dinaren aufstocken können, die wir zum Teil "schwarz" tauschten, also privat zu einem wesentlich besseren Kurs als offiziell vorgeschrieben. Der offizielle Kurs ist eigentlich eine Touristensteuer, da bei der Einreise ein teurer Zwangsumtausch gemacht werden muss. Also nimmt man Bargeld mit, das man an der Grenze nicht deklariert, um später durch Privatumtausch die Bilanz wieder etwas auszugleichen ...

 


Campingplatz, eine eigene Oase für uns



Einer unserer schönsten Schlafplätze

 
Ghardaia - El Golea - Timimoun

Wir kommen bei einer Devisenkontrolle gerade so noch mit einem blauen Auge davon. Übernachtet wird auf dem Weg, abseits der Straße auf einer Anhöhe mit sehr schönem Blick. Einen Teil der Nacht verbringen wir draußen, krabbeln aber doch ins Zelt als es frisch wird.
Nach 265 Kilometer ohne Kurven kommen wir wohlbehalten in El Golea an, es ist wöchentlicher Markttag. Leider streikt die Olympus-Kamera, die ich mit dem Taschenmesser-Schraubenzieher zerlege und wieder gängig mache. Da war wohl etwas Sand im Auslöserrelais, wo der nur herkommt?
Weiter geht es mit Ziel Timimoun, doch während der Fahrt stellt sich bei mir leichte Übelkeit ein. Wir fahren noch bis etwa 80 km vor der Stadt, wo ein Dünengürtel gequert wird. Dort geht es seitlich rein, Zelt aufgestellt, Kohletabletten gefuttert, hingelegt, eingeschlafen trotz Schädelweh.


Die Spinne, und meine Stiefelkappe (45)


 
Am nächsten Tag geht es wieder besser. Käfer leisten uns Gesellschaft beim Frühstück und stürzen sich heißhungrig auf jeden Abfall der etwas Feuchtigkeit enthält. Wir hatten nachts Mäusebesuch, und morgens beim Zelt abbauen huscht eine riesige Spinne davon, oh Schreck!
So viele Viechereien auf einmal ...

Dann fahren wir wieder weiter. Die Asphaltstraße ist optimal gerade, jede Kurve schon Kilometer vorher sichtbar.
Christine bemüht sich sehr, nicht einzuschlafen.

In regelmäßigen Abständen kündigen Straßenschilder die nächste Stadt an. Versorgungspunkte (Benzin, Laden, ...) sind im Schnitt durch etwa 300 km ohne jede Ansiedlung getrennt.

Die Landschaft wechselt nicht sehr rasch, aber doch merklich. Zeugenberge, Kiesebenen, Dünen, Plateaus, wenig bis keine Vegetation. Oft begegnet und einige Stunden lang kein anderes Fahrzeug.



Beeindruckende Kieselebenen


Langstrecke: alle 10 km eine Tafel




Naimi, chef du camping


Abendessen wird gekocht
 


Timimoun
Achtzig Kilometer später sind wir in Timimoun, der roten Lehmstadt, angelangt.

Der Campingplatz "La Palmeraie" hat einige Palmen aufzuweisen, und eine nette Besuchermischung. Ein paar spanische Geländewagen, zwei deutsche Enduros, zwei deutsche Rucksackler, ...
Der Chef des Campingplatzes, Naimi, unterhält sich gerne mit Christine und lädt uns abends auf eine Runde Couscous ein. Er ist ein ruhiger, freundlicher Mensch, abends korrekt mit grauem Pulli, Schal (!) und gelber Hose gekleidet.

In der Nacht kühlt es etwas ab, ja es regnet sogar, so dass uns ein schöner frischer Morgen erwartet. Gerade richtig für unsere geplante Oasentour, die Sebhka-Rundfahrt. Die ist anstrengender als gedacht, mit einigen Weichsand-Erfahrungen Doch tolle Ausblicke entlohnen uns für die Mühe. Wir sind abends so müde, dass wir beschließen noch einen Tag zu bleiben. Also spricht nichts dagegen, groß einzukaufen und am Abend etwas Leckeres zu kochen. Sogar Buttermilch bekommen wir!

Nachmittags hat es reichlich 35 Grad im Palmenschatten, um die Oase herum tobt der Sandsturm. Ein paar Leute mit einem Diesel-Golf mussten umkehren weil die Sicht null war ... Neue Gäste: zwei Radfahrer aus Bayern, da gibt es wieder genug zu quatschen. Einer von ihnen, Ali, hat insgesamt 7 kg Fotoausrüstung dabei, davon 70 Diafilme.

Vielleicht ein Wort zu unserer Fotografiererei: Christine hat eine alte mechanische Kamera mit 45mm-Objektiv dabei, ich eine Olympus XA mit 35mm Brennweite. Mehr war platzmäßig nicht drin, plus je 12 Diafilme. Wobei Christine mir später gesteht, dass sie noch einige zusätzliche Filme in ihrem Wäschesack mitgeschmuggelt hatte..


Blick auf die Palmengärten
 
Das Hotel Oasis Rouge ist ganz aus Lehm gebaut. Rechts: Detail der Wand
 


Foggaras
 
In der Umgebung der Oase sehen wir viele Foggaras. Die unterirdischen Wasserleitungen wurden von Sklaven angelegt, um die Palmengärten zu bewässern. Die eigentliche Leitung verläuft in bis zu 40 Metern Tiefe und ist bis zu 40 km lang:





Teepause


Wüstenlack: die glänzende Schicht ensteht, weil Mineralien an der Felsoberfläche zurückbleiben wenn die Bodenfeuchtigkeit verdunstet


Schwertransport. Keine Tunnels ...

 
Timimoun - Adrar - Reggane - In Salah
Am Nachmittag sind die Verhältnisse besser, wir starten in der Hitze in Richtung Adrar. Als wir unterwegs in einem Dorf das Cafe suchen, werden wir von einem Mann angesprochen. Das Cafe sei zu, aber er würde uns gerne auf einen Tee zu sich nach Hause einladen. Die Alternativen sind spärlich, und wir sind neugierig, also sagen wir zu.
Es finden sich noch Freunde und Verwandte des Hausherrn ein, bis wir schließlich zu acht in dem kühlen Wohnraum sitzen, auf einer langen Bank und Decken am Boden. Frauen bekommen wir nicht zu Gesicht, ein paar kleine Mädchen dürfen aber guten Tag sagen. Viel später, nach Couscous und Ziegenmilch und drei Runden Tee mit Datteln, können wir uns wieder verabschieden, und weiter Kilometer machen.

Die Asphaltstraße ist tatsächlich langweilig, die Luft über dem Belag flirrt in der Hitze, ein Fahren ohne Sonnenbrille ist nicht mehr möglich. Schließlich müssen wir doch noch eine echte Siesta einlegen, ein Stündchen Schlaf im Schatten einiger Felsen hilft uns wieder auf die Beine. In Adrar angekommen können wir noch ein paar Sachen einkaufen, gerade einen Kilometer rausfahren, und in der Dämmerung bei ein paar Palmen unser Zelt hinstellen. Das Kreuz des Südens leuchtet uns beim Abendessen.

Starker Wind am nächsten Morgen hält zumindest die Fliegenplage erträglich. In einer ruhigen Minute zählt Christine auf meinem Rücken nur 22 Stück ... Wir frühstücken lieber im Zelt.

Auf der Straße fahren wir nach Reggane, Foggaras sind oft zu sehen. In Reggane ins Cafe, ein Omelett und Orangenlimo verdrücken, und zur Musik von Santana und Ennio Morricone Postkarten schreiben.

Ab Tit ist es dann aus mit Asphalt, und unleidige Wellblechpiste liegt vor uns. Das Gerumpel und Geschüttel hält uns zumindest wach. Wir sind ein wenig orientierungslos, wegen des immer noch recht starken Windes ist die als Orientierungshilfe angeführte Stromleitung schlecht zu erkennen, und dunkel wird es auch bald. Bei einer Pause an einer Quelle kommen wir mit einem einheimischen Peugeot-Fahrer ins Gespräch, der auch nach In Salah fährt, wir sollen ihm einfach nachfahren. Gut, wir können es ja probieren.

Schwerer Fehler! Unser Auto fährt Vollgas, und immer mit Schwung im Sand dahin, und beides ist für uns schwierig. Die Piste fächert sich auf etwa 20 km Breite auf, keine Ahnung wie sich unser Führer orientiert. Manchmal verlieren wir uns, treffen uns kurz darauf wieder weil die Motoren abkühlen müssen - der starke Wind kommt inzwischen von hinten und vermindert den kühlenden Fahrtwind erheblich.

Etwa 20 km vor In Salah wird es dunkel, der Peugeot hat keine Rücklichter, also müssen wir uns an seinem Scheinwerferkegel orientieren. Irgendwann verlieren wir ihn aus den Augen, aber dann sind wir schon auf einer schmalen und mit Steinen markierten Piste. Irgendetwas schlägt beunruhigend beim Hinterrad, aber es hatte sich nur ein Stein zwischen den Stollen verklemmt.

Das Auto ist dahin, wir hoppeln langsam weiter, immer der Piste nach. Bald sind Lichter zu sehen, und recht erleichtert tuckern wir nach In Salah hinein und genehmigen uns ein paar Dosen eiskalten Mandarinennektar am Hauptplatz. Prost! Wir sind wieder auf der asphaltierten Straße angelangt, die von Algier nach Tam führt.

Von dieser Episode gibt es keinerlei Fotos, wir hatten zu viel mit unserer Fahrerei zu tun, und als wir dann Zeit gehabt hätten war es zu dunkel. Einen Blitz hatten wir aus Gewichtsgründen nicht dabei ...

Nach einem geschäftigen Vormittag (Luftfilterwartung, Postamt, Tanken, ...) verlassen wir gegen zwei den Campingplatz.



Der Highway ist streckenweise desolat ...


... oder nicht mehr vorhanden.


Dann gibt es eine Umleitung.


In Salah - Tamanrasset

Die Strecke ist mühsam, immer wieder gibt es Straßensperren und Umleitungen durch die mondartige Landschaft. Die Straße ist durch das Klima und den Schwerverkehr stark belastet, und wenn der Belag aufgibt und der Unterbau schon leidet, wird gesperrt um Schlimmeres zu verhindern, und bei Gelegenheit wird neu asphaltiert. Die Straßensperren bestehen entweder aus ein paar alten Teerfässern oder aus kopfgroßen Steinen auf der Fahrbahn. Mit dem Motorrad sind wir besser dran wenn wir weiter auf der Straße fahren, weil so viel Belag dass es für ein Mopped reicht, ist meistens noch da. Umleitungen sind übrigens zwischen 5 und 100 Kilometern lang, das ist eigentlich nicht vorhersagbar.

Ein paar Reparaturen sind fällig. Eine Kofferschraube lockert sich und ward nicht mehr gesehen, kann aber durch ein passend zugefeiltes Exemplar ersetzt werden. Inzwischen trennt Christine eine Tasche ihrer Jeans ab und näht sie auf den Hosenboden, um die Hose ein weiteres Mal zu retten. Ersatz würden wir hier nicht finden.


Das berühmte Marabut, das jeder Saharafahrer dreimal umrundet, lassen wir natürlich auch nicht aus. Das soll Glück bringen, auch jeder einheimische Lkw-Fahrer dreht die Ehrenrunden. Wir sind ja nicht abergläubisch, aber ... - nutzt´s nix, schadt´s nix, oder?

In der Arak-Schlucht geht es flott dahin, bis das Militär bei einer Straßensperre den Verkehr auf eine Umleitung schickt. Christine plaudert mit den Burschen, sie freuen sich über die angebotenen Zigaretten und lassen uns schließlich auf der Straße weiterfahren. Warum die Strecke gesperrt ist, ist uns im Nachhinein ohnehin schleierhaft: sogar mit einem einspurigen Fahrzeug ist es fast unmöglich, auf diesem Flickwerk vernünftig zu fahren!
In der Früh hat es resche 2 Grad auf unserem Thermometer. Innerhalb einer halben Stunde heizt die Sonne die Gegend auf 19 Grad hoch, schon eher Temperaturen für ein gemütliches Müslifrühstück. Wobei das einheimische Milchpulver um Klassen besser schmeckt als das von zu Hause mitgebrachte aus dem Expeditionsbedarf.

Immer wieder treffen wir Reisende, man hält an und tauscht Neuigkeiten aus. Auch einige Bekannte von der Fähre sind dabei, die schon auf dem Heimweg sind. Ein Glück, dass wir Zeit haben!


Aufstieg zum Dünenkamm, Blick zurück


Sable heißt auf Französisch "Sand".
  Als die ersten Berge näherrücken, finden wir eine schönen Schlafplatz am Fuß der großen westlichen Dünen. Es gibt wieder einmal Nudeln, mit einer österreichischen Instant-Jägersauce. Schmeckt auch sogar ein bisserl nach Jäger ...

Nach einem ausgiebigen Morgenspaziergang auf dem Dünenkamm erwartet uns ein angenehmer Tag. Langsam steigt die Strecke in Richtung Tamanrasset an, es wird gebirgig und etwas weniger heiß. Kühl kann man nur in der Nacht dazu sagen. Auch kein Wind mehr, und dadurch sehr gute Sicht.

Die Mondlandschaft kriegt jetzt schon ein paar grüne Tupfen, Akazien wachsen in den Oueds (Tälern). Gemeine Reifenkiller übrigens sind die Dornen dieser wehrhaften Bäume, die sie aber vor den gefräßigen Kamelen trotzdem nicht schützen können.

 


Hier wird der typische Minztee gemacht
 
In Arak gibt es gerade kein Superbenzin, wir müssen Normalbenzin zutanken. Das mag die Tenere nicht so richtig und spuckt.

Schließlich erreichen wir am 21. März Tamanrasset, reichlich zwei Wochen
nach unserer Abfahrt aus Tunis. Wir sind seit Graz 4000 Kilometer gefahren, der Zähler zeigt 22.830 km.
 

Cafe in Arak, neben der Tankstelle. Das ist auch schon der ganze "Ort"!
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