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Libyen 2000 Teil 1

Planung und Vorbereitung

Seit meinen ersten Sahara-Reisen 1989 (Tunesien/Algerien) und 1990 (über Israel nach Ägypten) stand für mich fest, dass mich die Wüste irgendwann wiedersehen würde. Anfang Jänner 2000 stand das Team für die geplante Libyenreise endgültig fest:

Michi (Honda Dominator 650)
Markus (Honda Dominator 500)
Martin (KTM LC4)
Andreas (Yamaha Ténéré 500)

Reifenwahl: hinten Pirelli MT21 Rally-Cross, vorne Metzeler Karoo weil Pirelli nicht lieferbar. Wir waren mit der Wahl ausgesprochen zufrieden, trotz gummimordender Felspisten hatten wir nicht eine einzige Reifenpanne! Zudem kommt ein Satz Reifen auf nur 130 Euro, das Fahrverhalten im Sand und sogar auf nassem Asphalt ist exzellent.
Interessant: die 18Zöller (KTM, Yamaha) wiesen wesentlich weniger Verschleiß auf als die 17Zöller auf den Hondas.

Da jede Menge Umbauarbeiten an den Motorrädern vorgenommen werden mussten, war uns in den paar Monaten vor Abreise nicht langweilig: Kanisterhalterungen, kurze Übersetzungen, Ölkühler, Stromversorgung und Halter fürs GPS, ordentliche Reifen, Werkzeugboxen am Motorschutz, Martin fertigte sogar einen eigenen Alu-Carbon-Hecktank für seine KTM und ein digitales Temperaturüberwachungssystem mit umschaltbaren Messpunkten.

Wir planen, zwei autarke 2er-Teams zu bilden, mit jeweils kompletter Ausrüstung in Medikamenten, Werkzeug, Ersatzteilen, Karten usw. Die beiden Hondas bilden ein Team, KTM und Yamaha das andere. Die Vorbereitungen dauern ein gutes halbes Jahr. Schwerpunkte sind Routenplanung, Reiseapotheke, Motorradumbau, Gepäckoptimierung.

Fähre: Infos über CTN gibt´s bei avimare (CH) und cemar (I).

Tickets: Vorher besorgen, die Kabinen sind sehr günstig und sehr in Ordnung.
Tickets z.B. bei Walkabout München.

Vorbereitung: Eine große Hilfe ist wieder einmal das Buch von Thomas Trossmann "Motorradreisen". Außerdem aus dem gleichen Verlag Reise Know-How: die Reiseführer für Libyen und Tunesien. Afrikanische Generalstabskarten und viele viele andere nette Sachen samt genialem Katalog gibt´s bei Lauche&Maas in München. Aktuellste Infos zu den Reiseländern im Forum von Klaus Därr und im Schweizer Sahara-Info.


6 Wochen vor Abfahrt

Die Fährentickets in Österreich zu kriegen ist sehr mühsam, weil die Generalvertretung gerade wechselt, und außerdem Ramadan ist, wodurch die Tunesier praktisch nichts schicken. Schließlich bestellen wir die Tickets in München bei Walkabout, und haben sie kurz darauf im Postkasten. 300 Euro für Mann/Motorrad/Kabine für Genua-Tunis-Genua. Die Pässe werden von einem beeideten Übersetzer ins Arabische übersetzt.
Mitte Februar der große Visumstress. Es war immer schon nicht ganz einfach, Visa für Libyen zu bekommen, im Internet kursieren die Geschichten und Informationen freudig. Ganz neu ist jedoch, dass man eine Einladung bzw. Buchung von einem ortsansässigen Veranstalter verpflichtend vorweisen muss, damit die Visumanträge angenommen werden. Martin investiert viel Zeit und seine letzten Nerven, um diese Einladung noch in letzter Minute zu organisieren (100 US$ pro Kopf). Inzwischen sind in mehreren Nachtschichten auch die russischen Generalstabskarten, von Martin gescannt und mit Wegpunkten versehen, von mir ausgeplottet, foliert und beschriftet worden. Motorradanhänger für die Anfahrt sind ausgeborgt, Autos und Fahrer organisiert. Hektik kommt auf.


Der Benz

Kanister: Man kann auch die normalen Plastik-Benzinkanistern zu 5 Litern aus dem Autozubehör nehmen, die sehr leicht sind (Forstinger). Einziges Problem: Beschädigung bei Sturz, das Risiko ist bei Sandstrecken gering. Wir hatten keine Defekte.


Abreise am 18. Februar 2000

Wir fahren mit 2 Autos und je einem Anhänger. Eine Partie zieht die schnellere Autostrada vor und übernachtet am Gardasee, die andere fährt gemütlicher auf Landstraßen und dafür nonstop, mit Fahrerwechsel, da das Auto (ein alter Sani-Benz) gemütliches Schlafen zulässt. Nach 850 km treffen wir uns mittags in Genua, laden ab und verabschieden unsere Chauffeure.

Gegen 16.00 läuft die "Carthage" ein, brandneues Schiff, gerade erst 8 Monate im Dienst. Schon ein Unterschied zur alten "Habib", mit der ich 1989 unterwegs war. Unsere kleine Kabine bietet unerwarteten Luxus, hatten wir doch eine nur mit Waschbecken bestellt. Durch einen Buchungsfehler haben wir jetzt Unterdruck-WC und heiße Dusche dabei, was beides ausgiebig genutzt wird. Die Ausfahrt aus dem Hafen erleben wir noch an Deck, nach einer kleinen Jause sind wir bald im Bett.

Fähre in Rades: steht als "Abkürzung" im Reiseführer. Man ist aber schneller wenn man selber fährt, es ist eh abend und nicht viel Verkehr. Und man kommt direkt ins gut beschilderte Zentrum von Tunis anstatt wie wir eine gute Stunde lang durch irgendwelche Außenbezirke zu irren.


Ankunft in Afrika, Fahrt Tunis-Gabes

Sonntag 20.2.,16.00 Uhr: Ankunft in La Goulette, dem Hafen von Tunis, nach 20stündiger Überfahrt.
Die Zeit ist schnell vergangen mit kleinen Näharbeiten, dem Papierkram und der Anstellerei für die Einreise, das wird zum großen Teil am Schiff abgewickelt. Etwas Bürokratie noch am Hafen, Geld wechseln, dann zur kleinen Fähre nach Rades. Windig, kalt, wolkig.

Es ist schwierig, die richtige Straße aus der Stadt zu finden. Viele Leute helfen uns, beschreiben den Weg oder versuchen es zumindest. Sogar ein Linienbus, wahrscheinlich am Nachhauseweg vom Dienst, fährt uns ein Stück voraus. Wir wollen ein Stück aus der Stadt raus und einen Zeltplatz suchen.


Erste Übernachtung in Tunesien

Übernachtung in Gabes: Die Jugendherberge ist gut und günstig, und vor allem sicher. Nachteil: sie ist in unmittelbarer Nähe einiger Moscheen, bei Sonnenaufgang wird man unweigerlich vom Muezzin geweckt ...

Irgendwann passt es dann, und nach etwa 2 Stunden Nachtfahrt landen wir in einem sehr netten Wadi, sogar einen Bach gibt es dort. Es hat von 15°C tagsüber auf etwa 3°C abgekühlt, wir gehen mit langer Unterwäsche, Socken und Haube schlafen. Mit ausreichend Sicherheitsabstand zum Wasser, falls es doch regnet in der Nacht...

Der nächste Tag beginnt wolkenlos, wir fahren heute 320 km nach Süden. Am Weg halten wir bei einem der vielen Esslokale an der Straße. Die gleichen sich alle: ein frisches Schaffell hängt heraußen, um zu zeigen dass heute schon geschlachtet wurde, und ein blecherner Grill verqualmt die Gegend. Der Kaminaufsatz kann nur eine sinnentleerte traditionelle Form sein, wir beobachten bei keinem einzigen Exemplar dass dort wirklich der Rauch abzieht. Der Fleischnachschub steht oft äsend und blökend daneben. Wir essen vegetarisch und bestellen mit Händen und Füßen eine Art Salat, die sich als recht scharf herausstellt, mit reichlich Brot und Cola dazu. Unser Tagesziel ist die Jugendherberge in Gabes, dort kann man im Garten zelten, die Duschen und WCs mitbenützen. Außer einem Landrover voller Bayern sind wir die einzigen Gäste.


Die Höhlenstadt Matmata


Pipelinepiste, erste Sandprüfungen


Nach Matmata und Ksar Ghilane, Einreise nach Libyen

Dienstag 22.2.: Frühstück nach Einkauf im Souk (Markt) und den umgebenden Geschäften. Marmelade aus der Dose, dazu Baguettes, Butter, Milch, Joghurts. Die Sachen kosten etwa halb so viel wie zu Hause, das gilt auch fürs Benzin. Matmata mit seinen berühmten Höhlenwohnungen erreichen wir 40 km später, in schon wüstenartiger Landschaft; auch einige Ausflugsbusse treffen wir hier an.

Nach einem Rundgang und Besuch des Museums sammeln wir erste Pistenerfahrungen mit Gepäck, über steinige Wege nach Bir Soltane, fahren dann über die Pipelinepiste ("Wellblech"-Rüttelstrecke mit Sandfeldern) immer schwieriger werdend, 140 km nach Süden, bis Ksar Ghilane.
Ein Bad im warmen Quellpool wäscht den Staub ab. Touristisch ist hier viel los, etliche Veranstalter haben Camps errichtet, wo der Ausflügler von der Küste in Strohhütten übernachten kann, stilecht Couscous essen und mit dem Dromedar in den Sonnenaufgang reiten.


Der erste Teil der Reise




Über Ben Guerdane zur libyschen Grenze

Mittwoch, 23.2., unser Tag 4 in Afrika. Nachdem wir gestern etliche Zeit mit dem Aufstellen der Motorräder im weichen Sand verbracht hatten, geht´s heute schon deutlich besser. Zwischendurch werden wir immer wieder von Martins Fruchtschnitten aufgebaut, von denen mehr als genug dabei sind. Die ungewohnten Sandfahrtechniken funktionieren immer besser, wir fahren gleich querfeldein die paar km zur Straße hinüber. Ja, Straße: die 15 km Zufahrt zur Oase sind asphaltiert, weiter geht es dann allerdings wieder auf holpriger Piste.

Über Beni Khedache gelangen wir auf die Asphaltstraße nach Medenine, weiter an der Küste nach Ben Guerdane. Am Weg zur Grenze tauschen wir bei einem der vielen Geldwechsler am Straßenrand 1000 DM (500 Euro) in libysche Dinare, zu einem recht guten Kurs (1:1). Das wird übrigens fast die gesamten Kosten der nächsten drei Wochen decken, wir wechseln lediglich einmal 500 Franc nach, so dass wir in etwa 50 Euro pro Person und Motorrad pro Woche gebraucht haben.

Bei der Ausreise aus Tunesien geht die Sonne unter, die etwas langwierigeren Formalitäten auf libyscher Seite finden bei Dunkelheit statt und nehmen gute eineinhalb Stunden in Anspruch. Mit Carnet de Passage, Versicherung und neuen Nummerntafeln ausgestattet knattern wir in die Nacht hinaus, wir haben es geschafft, sind wirklich in Libyen. 210 US$ (230 Euro) haben die Nummerntafeln und Versicherung gekostet, nochmal 25 Euro das Carnet de Passage. Eine seltsame Sache: anscheinend hatte man nicht mit Motorrädern gerechnet, so bekommt jeder zwei Auto-Nummernschilder. Wir müssen nur das hintere montieren, das andere wandert ins Gepäck. Da hilft kein Diskutieren, das Blech ist mitzunehmen und bei der Ausreise wieder abzugeben, sonst ist die Kaution weg.

Genau 10 km von der Grenze entfernt schlagen wir unser Lager an einem Feldrand auf. Es gibt ein warmes Abendessen aus tunesischen Vorräten, Kartoffeleintopf und Tomatensalat mit Thunfisch. Unter der Plane vor dem Regen und auch etwas vor Wind geschützt verbringen wir einen gemütlichen Abend.

Links die Verpackung der libyschen Thunfischdosen. Glücklicherweise ist ein Bild drauf. Und: nein, es ist kein Katzenfutter.


Im Cafe-Restaurant


Libysche Langstrecken: Südwärts nach Nalut

24.2./ Tag 5. Ein Fahrtag, gut 300 km nach Süden. Es ist so kalt, dass wir uns das Regenzeug überziehen, lange Unterwäsche sowieso. Hier sollte man besser aufmerksam fahren, in Libyen gibt es keine Führerscheine. Oft sitzen Zwölfjährige am Steuer der alten Peugeots, meistens mit der restlichen Familie im Auto oder hinten auf der Ladefläche. Wir rufen wahre Begeisterungsstürme hervor, grundsätzlich werden wir mit Lichthupe und Hupe begrüßt, sowohl von Entgegenkommenden als auch von Überholenden, und die Leute am Straßenrand winken uns zu. Als wir einen Bus überholen, hängen sich die Schulkinder aus den Fenstern, lachend und rufend.

Mittags parken wir vor einem Esslokal, kurz bevor ein gewaltiger Platzregen niedergeht. Im Trockenen essen wir ein altes aufgewärmtes Brathendl mit Reis. Besteck gibt´s nicht, dafür reichlich Brot und die Finger der rechten Hand. Die linke wird ja in arabischen Ländern auf der Toilette und daher nicht mehr bei Tisch verwendet. Das ist gewöhnungsbedürftig.


Tankwart im Wintergewand. Wir auch.


Rechnung der Jugendherberge

Beim Tanken dann eine angenehme Überraschung, das Benzin kostet wirklich sehr wenig: umgerechnet etwa 70 Groschen (5 Cent) für den Liter Super.

Abends erreichen wir das an einem Felsabbruch gelegene Nalut, wo wir uns in der Jugendherberge einquartieren. Brot ist abends nicht mehr zu bekommen, so dass wir wieder einen großen Topf Salat machen, mit Oliven und importiertem dänischen Feta-Käse. Draußen ist es grauslich, es stürmt und ist kalt. Im Zimmer zieht es, weil die Türen und Fenster nicht ordentlich schließen, daher stellen wir die Betten so um dass sich keiner in der Nacht verkühlt. Die Dusche bietet warmes Wasser, allerdings nur sehr wenig - macht nichts, wir sind ohnehin schon auf Wasser sparen eingestellt.

Andere Gäste gibt es nicht. Drei Herren, von denen wir nicht wissen wer zum Personal gehört, sitzen in Decken gehüllt vor dem Fernseher, ein Heizstrahler glüht vor sich hin. Die Elektroinstallation ist so desolat, dass ab acht Uhr abends die Spannung zusammenbricht. Das ganze Stadtviertel ist finster, wahrscheinlich hat der Regen irgendwo einen Kurzschluss verursacht.


Dromendare, Straße, Horizont


Nalut - Derj

Freitag 25.2. / Tag 6. In der Früh zum Bäcker. Brot ist staatlich gestützt, daher sehr billig und begehrt. Die Bäckereien arbeiten vormittags im Schichtbetrieb, und es warten immer Leute auf Brot, das schubweise ausgegeben wird. Oft werden Kinder zum Brot kaufen geschickt, denn das Anstellen kann ein Weilchen dauern. Ich warte eine gute halbe Stunde, dann habe ich mit Unterstützung aller anderen Kunden die gewünschten 20 Baguettes. Kostenpunkt: 1,5 Dinar, etwa 7 Cent. Beim Frühstück eine unangenehme Überraschung: Die Haselnusscreme ist nicht essbar, weil ranzig. Also Eckerlkäse.

Es ist immer noch kalt, beim Packen weht ein eisiger Wind, der aber bald nach Aufbruch wärmer wird und irgendwann fast ganz aufhört. Wieder geht es 200 km nach Süden, und die Vegetation nimmt merklich ab, es wird immer wüstenhafter, Dromedare äsen neben der Straße. Wir nähern uns der ersten langen Offroad-Etappe.


Mein Garmin GPS 12. Halterung, Ladekabel und Datenkabel sind selbstgebaut.


Piste auf der Plateaustrecke


Die Plateaustrecke: 500 km Piste von Derj nach Idri, Tag 1

Wir tanken voll und zusätzlich je 20 Liter Benzin in die Kanister, so dass im Schnitt jeder etwa 45 Liter Treibstoff dabei hat. Auf 500 km sollte das reichen, Umwege und höheren Verbrauch einkalkuliert. Außerdem 10-15 Liter Trinkwasser für die veranschlagten 5 Tage Fahrzeit, am Weg gibt es für Notfälle auch zwei Brunnen. Wir essen noch die einzige Mahlzeit, die im Restaurant angeboten wird: Ragout. Schmeckt nach Zwiebeln und Leber, ganz lecker. Nach einem abschließenden Kaffee geht´s hinein ins Vergnügen, erstmals sind die GPS-Geräte wirklich im Einsatz.

Unsere 3 "Garmins" zeigen uns mittels Satellitenpeilung den derzeitigen Standort in Graden an, liefern außerdem Informationen über Abstand und Richtung von zuvor eingegebenen Wegpunkten, diese Angaben wiederum hatten wir aus den Pistenbeschreibungen, dem Internet und von anderen Reisenden bekommen. Sie sind zusammen mit den Spuren bzw. Pistenmarkierungen unsere wichtigsten Wegweiser, da es andere Orientierungshilfen oft nicht gibt. Die genauesten Karten weisen noch Abweichungen bis zu 15 km auf, und sind in flachen Sand- oder Kiesebenen ohne markante Anhaltspunkte nur zur gröbsten Orientierung zu gebrauchen. Da sind die handlichen Geräte, die uns mit typischerweise etwa 30m Genauigkeit leiten, ein großer Vorteil und für Motorradfahrer mit beschränkten Sicherheitsreserven (Benzin, Wasser) die einzige Möglichkeit, manche Strecken zu befahren.

Unsere Piste ist allerdings recht gut zu erkennen, verläuft zunächst in einem Wadi bzw. über Schotterebenen. Nach etwa 60 km machen wir Schluss, um noch einen schönen Schlafplatz zu finden. Brennholz gibt es reichlich, und im Windschatten unserer Plane lässt es sich trotz kühlem Wind gut aushalten. Es gibt Reis, später Tee. Geredet wird - übers Schitourengehen... Nachttemperatur -3°C.


Landmarke auf der Plateaustrecke


Schlafplatz, etwas abseits


Michis Powermüsli


Die Plateaustrecke, zweiter Tag: weite Ebenen

Samstag 26.2. / Tag 7. Spuren im Sand: Wüstenspringmäuse haben uns in der Nacht besucht, und viele verschiedene Käfer. Auch ein größeres Tier, es muss ein Fennek (Fuchs) oder eine Wüstenkatze gewesen sein. Es ist wolkenlos, wird nach Sonnenaufgang schnell warm. In der Früh brauchen wir noch recht lange, bis alles an seinem Platz ist, obwohl wir von Gabes schon ein großes Packerl mit überflüssigen Sachen heimgeschickt hatten. Im Februar wird es noch nicht so heiß, so können wir auch mittags noch bequem fahren, allerdings sieht man durch die hochstehende Sonne kaum Schatten, das Gelände ist so schwieriger einzuschätzen.

Einmal verfahren wir uns, verlieren die Piste, weil wir einen Abzweiger versäumen. Wir beschließen, querfeldein auf den nächsten Wegpunkt zuzufahren. Im Endeffekt kostet uns das mehr Zeit als Zurückfahren, wir müssen auf ein grobsteiniges Plateau hinauf und uns dort den Weg zwischen den Felsbrocken suchen. Da setzt schon hin und wieder ein Kanister auf. Eine knappe Stunde brauchen wir, um den angepeilten Brunnen zu erreichen. Anschließend geht es flott mit 60-70 km/h dahin.

Wir haben die Hamadah erreicht, die Steinwüste. Im speziellen eine Reg- oder Serirebene: Fester Sand mit kleinen Kieseln. So haben wir heute abend fast 200 km hinter uns, als wir in absolut ebener und fast bewuchsloser Landschaft unser Lager aufschlagen, einen Kilometer von der Hauptpiste entfernt. Es ist sehr still, der Horizont rundherum eine gerade Linie. Nur der Benzinkocher faucht und macht eine Unterhaltung schwierig. Sichtschutz auf der Toilette bieten die einbrechende Dunkelheit oder ein paar hundert Meter Abstand.

Und wenn wir schon bei den Körperfunktionen sind: Wir trinken natürlich fleißig Wasser, jausnen zwischendurch Orangen oder Baguette mit Käse. Abends wird eine Suppe und Kohlehydrate gekocht: Reis, Nudeln, Couscous. Und morgens ein ordentliches Müsli. Zuerst noch mit Getreideflocken, als uns die dann ausgehen wird es mit abends gekochtem Couscous zubereitet.


Flott mit 60 km/h auf der Serir-Ebene


Flott eingegraben


Die Plateaustrecke, dritter Tag: Abbrüche und Wadis

Sonntag 27.2. / Tag 8. Jede Menge Kies. Es geht noch viele Kilometer so weiter, flach dahin, immer wieder durch kleine Senken mit etwas Bewuchs unterbrochen. Nachmittags gelangen wir zur Abbruchkante, mit einer holprigen Piste talwärts, unterhalb ein Polizeiposten, wo unsere Pässe kontrolliert werden. Die Polizisten sind sehr locker, in Zivilkleidung, und wollen plaudern, freuen sich üer die Abwechlung. Nein, Whiskey haben wir leider keinen dabei ...

Etwas später eine längere Pause, an Michis Gepächträger ist eine Schraube abgerissen. Die Reparatur findet in beeindruckender Kulisse statt, schwarze Berge umrahmen das hellsandige Tal mit schönen Sandsteinfelsen. Es ist schon heiß, also stellen wir für die Dauer der Reparatur ein Schattendach auf. Etwa 25°C hat es darunter immer noch.

Die Strecke wird herausfordernder, tiefsandige kleine Wadis sind zu queren, wo wir manchmal bis zur Kofferunterkante einsanden, oder in einer tiefen Spurrille die Motorräder hinlegen. Dafür ist es aber sehr abwechlungsreich, kleine Koloquinten (Bitterkürbisse) leuchten wie Tennisbälle im Sand. Schließlich, nach rasanter Fahrt über etwa 20 km Serir, zwingt uns die rasch hereinbrechende Nacht, das Lager aufzuschlagen.

Wenn die Sonne einmal weg ist wird das Fahren schnell ungemütlich. Auf einem kleinen Pass neben der Piste genießen wir Käse- und Spinatspätzle aus der Bordküche, eine schöne Belohnung für die heutigen Anstrengungen. Am Nachthimmel suchen wir die uns bekannten Sternbilder, und ein paar neue dazu.

Ein schöner Lagerplatz vor Idri

Mittagspause in Idri: die Hauptstraße


Die Plateaustrecke, vierter Tag: Ankunft in Idri

28.2. / Tag 9. Die Nächte werden etwas wärmer, es friert nicht mehr. Nach unserem Müslifrühstück, Kaffee und Tee ist es auch schon 10 Uhr. Markus´ Motorrad hat Elektrikprobleme, Ausfälle bei E-Starter und Anzeigen, starten geht nur noch in bestimmten Lenkerpositionen. Weiter geht es durch zerwühlten Sand, oft besser neben der Piste zu fahren. Noch ein paar große sogenannte Walfischdünen sind zu überwinden, dann geht es über eine weite Sandebene auf Idri zu. Wir erreichen Asphalt und haben die erste unserer Offroad-Strecken ganz anständig absolviert.

Nach dem Volltanken wird ausgiebig Mittagspause gemacht, mit Thunfischsandwiches und Kaffee in der "Mangerie", einem Speiselokal. Nebenher werden die Vorräte aufgefüllt: Wasser, Birnensaft in Dosen, ägyptische Schokoriegel, Milchpulver, Weckerl, Schmelzkäse, Karotten, Zwiebeln, Couscous, Marmelade.

Beim Einkaufen treffen wir einen Mechaniker aus Nigeria, der Wasserpumpen repariert und uns auf die politische Lage in Österreich anspricht: "You people can leave the country when you like? Oh, that´s gooood".

Wir fahren heute noch ein Stück aus dem Ort raus und campieren am Rand der Dünen, morgen gehen wir die nächste Strecke an: Idri-Ubari durch den Erg Ubari. Erg heißt: Sanddünen, so weit das Auge reicht. Es gibt große Haupttäler, die immer wieder durch Querriegel versperrt sind, manchmal muss man auch über den Kamm in ein anderes Tal queren. Wir sind schon sehr gespannt, wie es uns da geht. GPS-Koordinatenhaben wir genug, aber eine Hauptroute oder markierte Piste gibt es hier definitiv nicht, wir sind für die nächsten 150 km ganz auf uns selbst gestellt.

 

>>> Hier geht es zum 2. Teil des Libyen-Berichts
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