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  Algerien 1989 Teil 5 von 5


Gespräche mit anderen Reisenden sind wichtige Informationsquellen - und einfach immer nett!
Jens und Larissa beispielsweise waren auch zu zweit auf einer Tenere unterwegs. Von ihnen konnte ich erfahren, dass man das Tenere-Originalfederbein noch zusätzlich vorspannen kann - etwas was in keinem Handbuch steht! (Dafür aber inzwischen auf meiner Tenere-Seite). Die Anreise erfolgte über Spanien mit Renault 4 und dem Motorrad hinten drin, teilzerlegt. Die beiden sind mit extrem wenig Gepäck unterwegs: kein Zelt, kein Regenzeug, keine Schuhe außer den Motocross-Stiefeln.


Ghardaia, zwei Rasttage
Ein toller Morgen. In der Nacht hat es geregnet, die Luft ist kühl und staubfrei! Geld wechseln und einkaufen, am Nachmittag große Wäsche, telefonieren mit daheim. Tagsüber ist es auszuhalten, abends um acht hat es noch 18 Grad.
Als wir abends essen gehen wollen, wird uns erst klar was Ramadan wirklich heißt: Tagsüber ist essen, trinken, rauchen verboten. Erst wenn der Muezzin am Abend schreit, wird alles nachgeholt was man tagsüber nicht durfte. Es ist fast unmöglich in einem der Lokale einen Platz zu bekommen. Im Fernsehen läuft ein Italo-Western. Seltsame Stimmung, karnevalsmäßig fast. Wir haben beschlossen morgen weiterzufahren, um vor Ablauf unseres Visums sicher über die Grenze zu kommen.



Am nächsten Tag zeigt mir Hex, wie man mit einer Zange die Reißverschlüsse vom Zelt wieder hinkriegt, und Tom verkauft mir seinen Reservekocher, Benziner made in DDR. Souvenirs werden besorgt, und Diafilme. Von anderen Touristen, denn im Land gibt es nur alte russische Bilderfilme (ORVO), zumindest hier im Süden. Ventile einstellen, einen Patschen an Wolfgangs Vorderrad flicken, und so geht der Tag vorbei.




Biskra

 


Ghardaia - Touggourt - Biskra - Timgad

Der Campingplatz erwacht, es gibt wieder ein paar interessante Frühstücksgespräche mit den anderen Motorradfahrern. Ein Schweizer, auch zu zweit auf einer Tenere, will über Sizilien nach Griechenland weiterfahren, auch nicht schlecht. Mit seinem 46-Liter-Kevlartank kommt er wahrscheinlich bis Athen ohne zu tanken ...

Auf dem Weg nach Norden bläst wieder ein ekeliger Wind und nimmt uns teilweise die Sicht, nebelmäßig. Meine Gedärme arbeiten unangenehm, gottseidank haben wir in Ghardaia wieder Klopapier bekommen und müssen da nicht mehr sparen. Zwischendurch mussten wir schon mal mit der Wasserflasche aufs Klo gehen, mangels Papier, das man südlich von Touggourt praktisch nicht mehr bekommt.
Unser abendliches Sehnen beschränkt sich auf Tee, Kekse und Schlaf. Es ist unangenehm warm im Zelt, aber draußen sind zu viele Gelsen.

Am nächsten Tag ändert sich die Szenerie grundlegend, die Vegetation nimmt deutlich zu, es riecht nach Kräutern, wir lassen den Sand hinter uns und nähern uns dem Gebirge. Der Biskra-Canyon ist toll anzusehen, und ein Bad in einem kleinen Bach erfrischt kolossal.

Allerdings gibt es auch Schattenseiten: ein mobiler Händler mit einem Haufen Teppichen auf seinem Mofa hat uns zu seinen Opfern ausersehen, verfolgt uns sogar als wir einen kleinen Ortswechsel vornehmen um ihn loszuwerden.

Kühler wird es mit jedem Kilometer, die Griffheizung ist ständig in Betrieb. Auch die langen Unterhosen sind seit heute wieder Standard, zumindest nachts.



Die guterhaltene Römerstadt Timgad
 
Abends können wir noch die Römerstadt Timgad besichtigen, sehr beeindruckend.

Ein paar hundert Meter entfernt finden wir neben der Straße einen geeigneten Übernachtungsplatz in einem Latschenwäldchen. Es riecht unheimlich würzig, auch das Lagerfeuer hat heute eine besondere Qualität: es riecht wie zu Hause.







 
Timgad - Souk-Ahras - Cap Rosa

Schon wieder schönes Wetter. Ein halber Tag Bastelei, Hex baut sich einen neuen Kettensatz drauf, und es sind wieder Kettenführungsrollen fällig. Auf Asphalt halten die etwa eine Tag, so 200-300 Kilometer.

Die Landschaft wird immer grüner, erste Felder tauchen auf, und Blumen neben der Straße. Wir sind im Atlasgebirge, wo es im Winter ja reichlich Niederschläge gibt.

Auch die Bevölkerungsdichte steigt mit jedem Kilometer, vor allem fallen uns die Unmengen an Kindern auf. Jeder zweite Algerier ist ja unter 18 Jahre alt, hier wird das ganz deutlich.

Oberhalb von Souk-Ahras campieren wir auf einer Wiese in alpiner Umgebung. Es taut abends stark, wir rücken so nah ans Lagerfeuer heran dass wir uns die Füße verbrennen, und frieren trotzdem im Kreuz. Eine Nachtigall pfeift uns was, unweit vom Lagerplatz nisten Störche in einem alten Baum.

Bald erreichen wir die Küste, wo wir ein paar Tage Strandleben zelebrieren. Die von uns gewählten kleinen grünen Straßen auf der Michelin-Karte sind tatsächlich traumhaft schön gewesen. Außer uns ist niemand in der kleinen Bucht, wo wir sogar einen kleinen Bach hinter dem Zelt haben. Wir spielen Kieselbocchia, gehen schwimmen, spielen Schach, schreiben, lesen. Nach einem größeren Einkauf in El Kala kochen wir ordentlich auf und feiern ein letztes Gelage, bevor wir nach Tunis aufbrechen.





Die Nacht am Hafen


Die Überfahrt

 
Cap Rosa
- Tunis
Bei der Grenze nach Tunesien gibt es bis auf die extrem schleppende Abfertigung keine Probleme. Immer noch etwas seltsam kommt es uns vor, dass wir hier durch Nadelwälder fahren. Wolfgang hat uns verlassen, wird seine Freundin in Algier treffen. Der Rest der Truppe wird auf der gleichen Fähre nach Europa tuckern, das ist fein. Wir verstehen uns nämlich ganz gut.
Quer durch Tunesien fahren wir dem schlechten Wetter erfolgreich davon, kehren am späten Abend (Ramadan) bei einem winzigen Lokal mit drei Tischen zum Essen ein, wo wir für umgerechnet 7 Euro alle randvoll satt werden. Dann noch ein paar Leckereien aus der Bäckerei, und Schlafplatz suchen. Tom hatte da etwas erspäht, nicht weit entfernt, und so verbringen wir die Nacht auf einer blühenden Wiese. Das schlechte Wetter hat sich verzogen ohne uns zu erwischen, es hat trockene 20 Grad, wir sind zufrieden.

Letzte Kilometer nach Tunis rein bei Schönwetter. Der Verkehr wird dichter, bald sind die Vororte erreicht. Im CTN-Fährenbüro in der Rue Yugoslavie bekommen wir problemlos die gewünschten Tickets für die nächste Überfahrt, und deutlich billiger als in Italien. Tunis zieht uns in seinen Bann, das bunte Treiben fasziniert uns nach langen Wochen "Enthaltsamkeit".

Unsere vorletzte afrikanische Nacht verbringen wir etwas außerhalb an der Küste, an einer alten Schotterpiste mit Blick hinunter auf die Küstenstraße. Noch ein Nachmittag in Tunis, an dem wir mühelos unsere überflüssigen Dinare für eine Schiffsjause ausgeben, für 5 Liter Mineralwasser, 6 kg Orangen, 10 Sandwiches usw. Auch ein Besuch beim Barbier steht auf dem Programm.

Am Abend fahren wir dann die Dammstrecke raus zum Hafen La Goulette, die wir vor sieben Wochen mit Herzklopfen landeinwärts getuckert waren. Wir sind unter den ersten, die auf das Schiff warten, und machen uns ganz vorne in der Schlange breit, kochen Reis, spielen Karten, und schlafen abwechselnd, bis der Hafen um sieben Uhr früh aufsperrt. Rauf aufs Schiff, Moppeds verzurren, und Platz suchen. Hex führt uns aufs oberste Deck. Dort ist es zwar recht laut von den Schiffsdieseln, aber überdacht und abgelegen. Dann noch schnell duschen, bevor alles besetzt und verdreckt ist. Die Überfahrt vergeht mit spielen und rasten, es ist heiß, das Meer ruhig.

Am nächsten Morgen schaut die Sache anders aus, Seegang satt, und vereinzelte Regentropfen lassen Schlimmes ahnen. Unter Deck ist es unappetitlich. Einigen Leuten war schlecht geworden, und sie hatten es nicht mehr zur Toilette geschafft. Über jedem Müllkübel hängt jemand mit grünem Gesicht, dass einem selber fast schlecht wird. Nach einem kurzen atemlosen Toilettenbesuch schnell wieder aufs Oberdeck, an die rettende frische Luft. Flach hinlegen, kein Frühstück. Schneeregen.



Genua bei der Ankunft

 


Genua - Graz
Bis wir vom Schiff herunten sind scheint fast schon wieder die Sonne. Es heißt Abschied nehmen von unseren Freunden, die einen anderen Heimweg haben.

Jauseneinkauf: Schinken, Pannini, Mortadella, Kuchen. Es ist Samstag mittag, doch finden wir glücklicherweise noch ein geöffnetes Motorradgeschäft. Der Inhaber von Bologna Motors schraubt uns von einer neuen Tenere die Kettenrolle runter, und schenkt sie uns!
Bis La Spezia fahren wir die Küste entlang, und schauen uns die Augen aus dem Kopf. Das genaue Gegenteil von Wüste. Alles ist grün, das kleinste Fleckerl Grund ist genützt. Dann queren wir den Apennin nach Parma hinüber, 120 Kilometer Motorradfahren pur. Kurvig und atemberaubend. Auf der Paßhöhe ist es allerdings ungemütlich, Schneegestöber, 11 Grad. Zum Teil fahren wir auf Schneefahrbahn dahin, unter den erstaunten Blicken der Schitouristen.
In der Po-Ebene übernachten wir mangels Lire und Campingplatz in einem Rohbau, wo wir unser Zelt aufstellen. Ein anderer Platz war beim besten Willen in der Dunkelheit nicht mehr zu finden.

Am 53. Tag unserer Reise zieht es uns mit Macht heimwärts. Wir nehmen die Autobahn bis Tarvis, kehren bei einer Raststätte noch auf eine warme Mahlzeit ein, und knattern dann durch bis Graz, sind ja nur noch 200 Kilometerchen ...

Ich liefere Christine bei ihren Eltern ab, alle sind froh und zufrieden. Ein leckeres Abendessen wartet auf uns, und das erste Bier seit Wochen. Und Schwarzbrot!

Am nächsten Tag fahre ich zu meinen Eltern, und schaue am Weg bei meinem Mechaniker vorbei zum Danke sagen. Alle Speichen haben gehalten.

Zur Statistik: Unter dem Strich stehen am 24. April 9673 Kilometer am Zähler. Wir waren knapp acht Wochen unterwegs, bei einem Verbrauch von 5,86 Litern/100 km.
Und sonst? Eine tolle Reise war das, und jeder von uns will irgendwann noch einmal dort hinunter. Da Umgewöhnen auf das "normale" Leben in Österreich dauert einige Zeit ...

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