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Libyen
2000 Teil 3 |
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Idinen, der Geisterberg
Wadi Tannezouft
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Al
Aweynat
Wir haben Glück und
kehren bei einem Restaurant ein, vor dem ein Allrad-Wohnmobil parkt, und
kommen mit den Leuten ins Plaudern. Gerhard und Liesl haben gerade einen
Führer für 3 Tage Akakus gebucht, möchten danach auf einer anderen Strecke
nach Norden hinauf, für die sie etwa 500 Wegpunkte haben und die nicht
führerpflichtig ist. Dafür suchen sie aber noch ein Begleitfahrzeug, für
Notfälle und größere Schaufel- und Bergeaktionen. Da werden wir uns schnell
einig, so bleibt auch etwas Zeit für einen Abstecher nach Ghat. Wir übernachten
am Campingplatz 3 km nach der Tankstelle, wo uns eine der seltenen warmen
Duschen erwartet. Und, trotz üblem Aussehen, das wohlschmeckendste Trinkwasser
der Reise.
Von
Al Aweynat ins Wadi Tannezouft
Mittwoch 8.3. / Tag
18. Ein halber Ruhetag. Ausschlafen, kleine Servicearbeiten und Überprüfungen,
lesen, Musik hören, nähen. Martin hat für seine Hinterachsmutter eine
Stecknuss dabei, die leider nicht auf die vorhandenen Ratschen passt,
so wird aus einem alten Meissel ein passender Adapter gefeilt. Nachmittags
brechen wir auf, zunächst eine gute Stunde auf der Asphaltstraße
nach Süden.
Die
Berge rücken immer näher zur Straße, eine gewaltige Kulisse. Der Berg
Idinen hat besonders pittoreske Steintürme, heißt wohl deshalb Geisterberg.
Dann taucht eine Dünenkette auf, wir biegen ab und fahren parallel zur
Straße, zwischen Dünen und Gebirge, durchs Wadi Tannezouft weiter. Die
Nachmittagssonne macht alle Farben intensiver, es ist phantastisch! Der
gelborange Sand vor den schwarzen Bergen, darüber ein wolkenloser Himmel.
Wir
passieren einige Tuareg-Ansiedlungen, wovon zumindest eine nicht dauerhaft
ist: Die Familie hat sich hier anscheinend nur für ein paar Wochen mit
ihren Zelten niedergelassen, da Regen gefallen war und den Talboden kurzfristig
in eine saftige Weide verwandelt hat. Am Fuße einer riesigen Tamarisken-Kupste
schlagen wir die Zelte auf. Das ist ein durchwurzelter Erdhügel, der stehenbleibt,
während die Erosion rundherum Gelände abträgt. Unser Exemplar dürfte etwa
6 Meter hoch sein und ist Ausguck und wohl auch Nistplatz für zahlreiche
Vögel.
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"Unser" Campingplatz
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Wadi
Tannezouft nach Ghat
Donnerstag 9.3. /
Tag 19 / km 2700. Ghat ist das Tagesziel. Weil das ja nur noch 20 Kilometer
sind, haben wir es morgens nicht eilig ...
Leider
haben wir die Schwierigkeiten der Strecke unterschätzt und dürfen
dann in der Mittagshitze durch den Weichsand koffern. Die letzten Kilometer
sind nämlich reichlich ekelhaft. Zwischenzeitlich wird das Öl so heiß,
dass mein Motor eine Abkühlungspause braucht.
Am
Nachmittag erreichen wir dann, verschwitzt und staubig, einen kleinen
Campingplatz unweit der Stadt. Der ist sehr malerisch, allerdings noch
nicht ganz fertig. An den Sanitäranlagen wird noch gebaut, so dass zwar
Toilette und Dusche - typischerweise jeweils in einem verliesartigen Raum
zusammengefasst - vorhanden
sind, aber keine Waschbecken. Also kann man sein Geschirr entweder am
bodennahen Klowasserhahn oder knapp unter der Decke beim Duschauslass
abwaschen.
Wir
rasten ein wenig, schreiben Postkarten, putzen Luftfilter. Abends spazieren
wir in die Stadt, einkaufen. Martin telefoniert nach Hause. Wir
haben den südlichsten Punkt unserer Reise erreicht, genau 2500 km Luftlinie
von Graz entfernt.
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Shopping in Ghat.
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Wir verpflegen uns für
unsere letzte große Etappe. Nur Brot gibt es wieder mal keines, das will
morgen früh vor der staatlichen Bäckerei ergattert werden. Die
libysche Marmelade meiden wir inzwischen, es handelt sich offentlich um
petrochemische Abfälle, die durch Verfüttern an die Bevölkerung entsorgt
werden. Die Erdbeermarmelade hat sicher nie eine Frucht gesehen, besitzt
die Konsistenz von Tortenglasur und schmeckt ähnlich wie Tutti-Frutti-Fruchtgummis.
Da stellt man sich doch gerne auf Schmelzkäse-Eckerl um.
Ganz
wichtig für Zwischendurch sind aber Kekse und Schokoriegel, vorzugsweise
aus Ägypten. "Mandorla" (auch Monolith genannt und Twix-ähnlich) und "Samba"
heißen die Favoriten, letzteres eine Waffel mit weißer Schokolade überzogen.
Die
hiesigen "Smartys" haben leider nur äußerlich Ähnlichkeit mit dem "Smarties"-Original,
es handelt sich um grellbunte monolithische Zuckerstücke. Die Martin mit
dem Hinweis verspeist, es handle sich dabei doch immerhin um Kohlehydrate
...
Markus´
Lebenselixier ist gottseidank überall erhältlich: Nescafe zur
morgendlichen Herstellung des hochdosierten und ausschließlich von
ihm trinkbaren "Werkstattkaffees".
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Ghat
und der Einstieg in die Grenzroute
Freitag 10.3. / Tag
20. In der Früh Brot kaufen, das dauert wieder eine gute Stunde. Für eine
Altstadtbesichtigung bleibt nur wenig Zeit, wir sind um vier in Al Awaynat
verabredet. Trotzdem lohnt ein Besuch der dahinbröckelnden Lehmbauten.
Die Altstadt wurde komplett aus Lehm und etwas Holz erbaut, verfällt
aber stetig da die Bewohner in "moderne" Betonhäuser umgesiedelt
wurden. Nur langsam siedeln sich mit dem zunehmenden Tourismus vereinzelt
Kunsthandwerksbetriebe in den Ruinen an. Das Bild links zeigt übrigens
die typische Anlage der Wüstenstadt: Um das kleine Zentrum erstrecken
sich ringförmig bewässerte Gärten, Felder und Palmenhaine,
und wenige hundert Meter von der Altstadt herrscht schon völlige
Trockenheit, Sanddünen.
Zwei
Stunden entspannender Fahrt nach Norden bringen uns zum vereinbarten Treffpunkt,
dann ebensolanges Warten auf Gerhard und Liesl. Die kommen dann doch noch,
ihr Führer hatte getrödelt. Inzwischen haben wir getankt und können
gleich aufbrechen. Etwa 80 km weit kommen wir noch, bis uns das Tageslicht
verlässt. Am Fuß einer Düne campieren wir, werden zu gefüllten Paprika
ins "Wohnmobil" geladen. Die beiden haben reichlich Vorräte
im Lager, wir werden mit Multivitaminsaft und Kärntnerwürsteln verwöhnt.
Bier gibts erst im Erg, als Belohnung fürs Schaufeln.
Das
war einer der kulinarischen Höhepunkte der Reise. Die muss man sich
ohnehin selbst erkochen, die heimische Gastronomie bietet nicht viel.
Das Standardgericht "farcha we russ" ist eine totgebratene dürre
Henne mit weißem trockenem Reis. Alternativen sind Sandwich mit
Dosenthunfisch oder, wenn man Glück hat, ein Omelett. Meist gibt
es ohnehin nur ein Gericht und daher keine Auswahlprobleme.
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Grenzroute
zweiter Tag: Pistenfahren
Samstag 11.3. / Tag
21. Über Sandebenen und Hamadah gelangen wir in immer steinigere Gegenden.
Als es gerade mal wirklich schön staubig ist, überholt und eine Truppe
Motorradfahrer mit Begleit-LKW, immer schön knapp mit Vollgas vorbei.
Sehr beliebt sind solche Gruppen bei den anderen Reisenden nicht, da sind
die Leute unterwegs, denen zu Hause die Kiesgrube zu klein ist. Aber das
ist nur eine kurze Episode, man trifft hier nicht wirklich oft andere
Reisende. Gerade ein paar Hundert, zum Großteil mit einheimischen Veranstaltern
unterwegs, dürften sich derzeit in Libyen aufhalten. Hauptsächlich Deutsche,
Österreicher, ein paar Schweizer, Engländer, Italiener und Franzosen.
Die
Strecke ist landschaftlich abwechslungsreich, die Gegend eher weitläufig.
Trotz seiner 5 Tonnen legt der Allrad-Iveco ein ordentliches Tempo vor,
so dass wir vier aufgrund der Gruppendynamik oft die langsameren sind.
In den Bergen wählen wir einen falschen Abzweiger und müssen durch grobsteiniges
Gebiet mit ein paar unangenehmen Passagen, um wieder auf die Piste zu
gelangen. Das kostet Zeit. Nach gut 160 km ist für heute Schluss, die
letzte Viertelstunde fahren wir schon im Scheinwerferlicht, um Gerhard
am vereinbarten Wegpunkt zu erreichen.
Die
Verfahrerei war nicht eingeplant, die Etappe zu lang. Obwohl die Dünen
des Erg Ubari schon in Sichtweite sind, wollen wir nicht noch 10 km in
der Dunkelheit weiterfahren, das Risiko und die Müdigkeit sind schon zu
groß. Daher wird das Zelt in einer recht steinigen Gegend aufgebaut, ein
paar sandige Flecken finden sich im Schein der Taschenlampe. Wir haben
zwar noch nicht geschaufelt, aber ein kaltes Gösser schlagen wir dennoch
nicht aus, am Ende eines langen Tages. In der Nacht noch tanken wir die
Benzinvorräte aus den Kanistern in die Haupttanks. Irgendwann heute sind
wir unseren 3000sten Kilometer gefahren. Ein märchenhafter Sternenhimmel
lohnt die Strapazen wieder einmal.
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Grenzroute
dritter Tag: Im Sandmeer
Sonntag 12.3. / Tag
22. Durch den Erg Ubari. Heute ist ein früher Aufbruch angesagt, wir wollen
fahren solange der kühle Sand noch trägt. Während wir unser Zeug einpacken,
gibt Gerhard die Wegpunkte in ein GPS-Gerät ein, die wir dann auf die
restlichen GARMINs überspielen. Satte 100 km Sand fahren wir heute, und
es geht recht gut. Der Luftdruck ist auf 0,5 vorne und 0,8 hinten abgelassen,
Reifenhalter sei Dank.
Der
Iveco braucht einmal längere Schaufelhilfe, fährt aber ansonsten sehr
flott und problemlos. Diese 4x4-Version ist speziell fürs Militär
gebaut worden und mit einem selbstgebauten Wohnkoffer ausgerüstet.
Mit den Moppeds sanden wir wesentlich häufiger ein, sind aber auch recht
schnell wieder flott. Dadurch dass wir alle die gleichen Daten am GPS
haben, können wir vorausfahren und die Übergänge herausfinden, den Iveco
einweisen. Wir können etwas früher Schluss machen, die Hamadah und damit
das Ende der Dünen ist in Sicht.
Der
restliche Nachmittag wird von allen sehr genossen. Markus erkundet die
Gegend auf Martins KTM. Ich tausche zwei Kettenführungsrollen und entdecke
dabei, dass ein hinteres Federbeinauge abgerissen ist, es ist allerdings
in seiner Position anscheinend so verkeilt, dass das gar nicht auffällt.
Vorsichtig zusammenbauen und weiterfahren.
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Grenzroute
vierter Tag: Quer durch
Montag 13.3. / Tag
23. Bei unserem Lagerplatz bleibt nur ein Sandengel zurück.
Über
eine letzte Sandebene mit Tamariskenkupsten und schöne Täler fahren wir
hinauf aufs Plateau der Hamadah al Hamra. Das war das letzte echte Dünenstück
der Reise. Schade.
Wir
laden unsere Reserven aus dem Wohnmobil (55 Liter Benzin und ein paar
Wasserkanister) und verabschieden uns von Gerhard und Liesl, die es weniger
eilig haben als wir, unsere Fähre geht schon am Freitag.
Vorerst
sind wir noch zwei Stunden aufgehalten: Mein Federbein rüttelt sich los
und zerschlägt einen der Vergaserstutzen. Die Reparatur ist mühsam, gelingt
aber mit Klebeband und Kabelbindern zufriedenstellend. Das Federbein wird
zukünftig mit Spanngurten in seiner Position gehalten.
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Versteinertes Holz
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Sehr
flott geht es praktisch ohne Pausen über die Ebene, lediglich einige Schwemmtonebenen
und versteinertes Holz verlocken zu kurzen Fotostops.
Seit
gestern sind wir einer recht deutlichen Piste gefolgt, nachdem uns die Wegpunkte
zunehmend in unwegsameres Gelände geführt hätten. Gegen Abend müssen wir
uns entscheiden was weiter zu tun ist: Die Spuren fächern auf und verzweigen
sich, eine Hauptspur oder Markierungen sind schwer festzustellen. Sie scheinen
aber nach Ghadames und damit in algerische Grenznähe zu führen, und das
scheint uns unklug. Wir können in der Nacht schon die Flammen der algerischen
Ölfelder sehen, wo Erdgas abgefackelt wird.
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Viel Gegend, auch querfeldein
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Also doch lieber in
Richtung Derj, wir werden morgen querfeldein etwa 30 km nach Nordosten
fahren, um auf die sogenannte "Dünenstrecke" zu gelangen. Unser Nachtplatz
bietet wieder einmal viel Ausblick, ungehindert rundum. Die höchsten Erhebungen
außer uns sind maximal wadlhohe Büsche.
Ich
schreibe noch lange Tagebuch und höre Musik, so dass ich die Ankunft von
einigen Kamelen am Lagerplatz zunächst nicht bemerke. Ich erschrecke genauso
wie die nächtlichen Wanderer, als ich mit der Taschenlampe in ihre Richtung
leuchte.
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Grenzroute
Tag 5: Über Reg und Pisten nach Derj, dann Nalut
Dienstag 14.3. / Tag
24. Kurz nach 9 Uhr sitzen wir im Sattel, fahren in der morgendlichen
Kühle über die harte Reg-Ebene. Immer wieder queren kleine Erosionsrinnen
und verlangen Konzentration, auch wenn es zwischendurch flotter dahingeht.
Aus den vielen Spuren und kleinen Pisten suchen wir uns diejenigen heraus,
die in unsere Richtung gehen. Haben wir mal keine Spur, geht es halt so
weiter, "immer dem Pfeil nach". Einmal begegnen wir Nomaden, die hier
mit einem Tanklaster voll Wasser und ihren Schafen die kargen Weideflächen
abfahren. Gegen Mittag treffen wir auf den angepeilten Wegpunkt, den wir
am Wrack eines Pick-Ups erkennen - und auf Gerhard, der mit dem IVECO
gerade aus einer anderen Richtung ankommt. Großes Hallo.
Auf
großteils bekannter Strecke (von der Herfahrt) donnern wir nach Derj,
volltanken, etwas essen, und weiter auf der Straße. 235 km später erreichen
wir kurz vor Sonnenuntergang Nalut.
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Dort kommen wir wieder
in der Jugendherberge unter. Wir besuchen noch in der Dämmerung den Vieh-
und Gemüsemarkt und die alte Speicherburg, den Ksar.
Das
lohnt sich wirklich, noch einmal lässt sich die Müdigkeit verdrängen,
als wir die skurrilen Lehmtürmchen und Gassen sehen.
Dann
ist aber Schluss, 450 km haben heute gereicht. Trotzdem, ein Ölwechsel
muss noch gehen bei den Hondas, und volltanken auch. Abendessen kriegen
wir glücklicherweise in der Jugendherberge, auf Kochen hätte heute keiner
mehr Lust. Bei einer ausnahmsweise leckeren Chorba (scharfer Gemüseeintopf)
mit reichlich Brot verfolgen wir das Weltgeschehen auf CNN.
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Der Ksar von Nalut - außerirdische Zwergenstadt ?
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Nalut/Libyen
bis Gabes/Tunesien
Mittwoch 15.3. / Tag
25. 440 km Asphalt stehen auf dem Programm. Es wären auch mehr geworden,
hätte nicht meine Ténéré wieder Mucken gemacht. Die Auspuffdichtung zwischen
Krümmer und Topf wandert aus ihrem Sitz, es wird laut und schön warm am
Oberschenkel. Auch sind Geschwindigkeiten über 80 km/h nicht möglich,
weil dann ein Geruckel anfängt, Ursache unbekannt. Aufholjagden nach Fotostops
sind daher nicht mehr möglich.
Die Grenzabfertigung
ist erstaunlich zügig, eine gute halbe Stunde in Libyen und nochmal 20
Minuten auf der tunesischen Seite, das geht doch. Dann haben wir alle
Stempel im Pass, Zettel ausgefüllt, Stempelmarken geklebt - und immer
noch ein libysches Nummerntaferl übrig! Bei der Einreise hatte ja jeder
zwei nehmen müssen. Keiner fragt nach der zweiten Tafel, und wir haben
ein nettes Souvenir. Teuer genug sind die Dinger ja: An der Grenze muss
man dafür 50 Dinar offiziell zu einem miesen Kurs wechseln. Die kriegt
man bei der Ausreise zurück, leider in nicht konvertierbaren libyschen
Dinaren. In Tunesien tauscht man diese am Straßenrand um, unter Verlust
von etwa 175 Euro.
Es
ist wieder empfindlich kalt, bis auf die Regensachen haben wir heute alles
an, bei der langen Unterwäsche angefangen. Auch ist es bewölkt, manchmal
nieselt es etwas.
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Der Speisesaal der
JH Gabes
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In
Tunesien fallen im Gegensatz zu Libyen die häufigen Kontrollen nach der
Grenze auf, wo abwechselnd Polizei, Zoll, Militär und Nationalgarde die
Pässe anschauen. Auch im Land gibt es häufig Kontrollen, Tunesien versteht
sich als Bollwerk gegen den Radikal-Islamismus algerischer Prägung und begegnet
diesem mit strenger Überwachung. Als offensichtliche Touristen werden wir
aber stets durchgewunken, meistens mit einer Aufforderung zum Gas geben
bzw. Wheelie verbunden.
Ein
leckeres Mittagessen kostet 10 Euro pro Kopf, bringt uns aber konditionsmäßig
wieder in Fahrt, so dass wir´s doch noch nach Gabes schaffen. Vorteil: Hier
wissen wir schon wo die Jugendherberge ist. Die Motorräder dürfen im Speisesaal
übernachten.
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Tunesisches
Wetter: Regenkombi mitnehmen, gegen Wind und Regen!
Eventuell in der Jugendherberge von Gabes deponieren, das schaut vertrauenswürdig
aus. Wir hatten uns ein Paket für die Heimfahrt postlagernd
nach Tunis geschickt: längere Übersetzung fürs Autobahnfahren, warme Socken
und Handschuhe, Regenkombis, Landkarten.
Zwei Fehler: Erstens hätten wir das Zeug bis/von Gabes gut brauchen
können. Zweitens war das Hauptpostamt von Tunis wegen Feiertagen
geschlossen. So mussten wir frierend mit zu kurzer Übersetzung durch
Italien fahren, zuhause einige Wochen warten bis das Paket ankam, und
dann noch rund 50 Euro tunesische Depotgebühren zahlen damit wir es
zurückbekamen. Verdammt.
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Gabes-Tunis
mit Vergaserproblemen
Donnerstag 16.3. /
Tag 26. Noch 380 km bis Tunis. Recht kurzweilig, es gibt viel zu sehen
am Weg. Die Landschaft ändert sich immer rascher, leider ist es kühl und
windig. An unserem Frühstart nicht unschuldig sind die zahlreichen Muezzins,
die sich beim Morgengebet übertreffen. Als die Schreierei gar nicht mehr
aufhören mag - ein Minarett befindet sich gleich hinter der Herberge -
fragen wir nach und erfahren, dass das Fest des Hammels stattfindet, also
ein Feiertag ist.
Heute
wird traditionellerweise in jeder Familie ein Hammel geschlachtet und
zubereitet, daran wird dann drei Tage lang gegessen. In dieser Zeit sind
naturgemäß die Lebensmittelgeschäfte und Restaurants geschlossen, auch
die meisten anderen Läden haben zu.
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Wasserpfeifengeschäft
in Tunis
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An einer Tankstelle
können wir ein paar französische Franc wechseln, somit volltanken
und uns noch einen Kaffee leisten. Das weitere Fortkommen wird durch einige
technische Stops gebremst: anscheinend ist Dreck in der Benzinzufuhr meiner
Yamaha, erst eine komplette Vergaserreinigung und das Abhängen von Benzinpumpe
und Filter ermöglichen wieder ein ruckelfreies Fahren jenseits der 40
km/h. Die Schraubereien sind auf der Strecke, bei recht starkem Wind,
keine lustige Sache.
Auf
der Höhe von Hammamet regnet es kurz, bis Tunis hat sich das verzogen.
Wir tasten uns in Richtung Zentrum, finden in die Nähe des Souks und somit
der Jugendherberge. Der Souk ist das traditionelle Händlerviertel, mit
einem Labyrinth von schmalen teils überdachten Gassen.
Ein
freundlicher Mensch fährt uns mit seinem Mofa voran, gegen ein paar Einbahnen,
so dass wir nach einigen Fehlversuchen schlussendlich doch noch ankommen.
Die Motorräder dürfen im Eingangsraum und im Hof parken, was ein seltsames
Bild abgibt: Die staubigen und verdreckten, doch etwas groben Geräte als
Kontrast zu den feinen, 300 Jahre alten Zierfliesen. Der Wetterbericht
auf Kurzwelle macht besorgt: Ein Meter Neuschnee am Radstädter Tauern,
Winterreifenpflicht auch auf der Südautobahn, Schnee bis in die Tallagen,
4-6°C und Schneefall in Wien, in Oberitalien Störungsreste, Regen und
Schnee bis 700m . Brrr.
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Unsere Kabine auf der
"Carthage"
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Tunis,
der Souk, die Fähre
Freitag 17.3./ Afrika-Tag
27. Markus ruft zu Hause an, wir tanken nochmal mit relativ günstigem
Sprit voll, kaufen Verpflegung für die Überfahrt, machen einen Rundgang
im Souk, wo doch schon einige wenige Geschäfte aufsperren und Teppiche,
Öllampen, Parfüms anbieten.
Schnelle
Abfertigung am Hafen, verzurren der Motorräder mit schiffseigenen Gurten,
Kabine beziehen. Es wird eine ruhige Überfahrt, die wir großteils
verschlafen. Nachdem es in der Innenkabine komplett finster ist, wird
unser sonnen- und mondgeeichtes Zeitgefühl überlistet, und wir
werden erst am Vormittag vom Hunger geweckt.
Die
Carthage ist ein brandneues Schiff, sehr modern. Das Abenteuer fängt
halt jetzt erst in Tunis an, anstatt wie früher schon auf dem Schiff,
als die alte kleine "Habib" die Strecke bediente. Da konnte
man noch gut an Deck schlafen und erste Kontakte knüpfen, die Carthage
ist ganz auf Innenraum gebaut, kaum vernünftige Deckplätze,
überall Teppiche und Plüsch.
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Abschied am Bahnhof Villach
Winterfreuden kurz vor Graz
Souvenir, Souvenir
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Italien
bis Graz
Samstag 18.3. Die
"Carthage" ist flott, um 14.00 Uhr Ortszeit sind wir in Genua, kurz nach
drei aus dem Hafen heraußen. Das Wetter ist schön, wie wir heute früh
im Radio gehört haben ist auch die Lage in Österreich besser. Also beschließen
wir eine lustige Strecke zu fahren, dafür später Autobahn. Zuerst nach
Osten, geht es nach etwa 15 km über den Apennin nach Piacenca. Eine auch
bei einheimischen Zweiradlern recht beliebte Strecke.
Auf
der Autobahn bis hinter Brescia, Abendessen in einem "Autogrill". Klingt
gefährlich, ist es aber nicht, da es auch Nudeln gibt. Noch zwei Stunden
in der Finsternis bis Abfahrt Padova, dort mühsame Herbergssuche. Einbahnen,
belegte Hotels. Gutes Ende: Campingplatz in Abano Terme gegen Mitternacht,
ein Einschlafbierchen im Ristorante, nach 370 Kilometern.
Sonntag
19.3.2000 Noch etwa 500 km bis Graz! Autobahn bis zum nächsten "Autogrill",
Brioche und Kaffee, weitere gerade Kilometer bis zur großen Linkskurve
vor Udine. Mittagspause bei Gelato und Cappuccino in Palmanova, dem bildhübschen
Renaissancestädtchen. Es ist kalt und bedeckt, reißt aber in Richtung
Kanaltal deutlich auf, so dass die letzten Kilometer vor der Grenze auf
der Bundesstraße großen Spaß machen.
In
Kärnten schleichen wir aufgrund der Tempolimits, dafür bei Sonnenschein,
mit 70 nach Villach, um gemeinsam Mittag zu essen (besser als die gegrillten
Autos) und die Wiener Mopeds auf den Zug zu laden. Abschied, Martin und
Markus fahren um vier auf der Schiene nach Wien, Michi und ich nehmen
die Pack unter die Räder. Erst unweit der Passhöhe, als der Schnee auf
der Straße liegenbleibt, wechseln wir auf die Autobahn. Dort ist freundlich
gesalzen, und problemlos gelangen wir nach Graz, wo die Ténéré nach 31
Tagen wieder in der Garage geparkt wird.
Jetzt ist ein großes Service fällig. Nach 5500 km, davon gut 2000 offroad,
darf es das auch.
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