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  ALPENTOUR 1999 Teil 1 von 3


Regler

Zur Ausrüstung: Heuer erstmals wandern zwei kleine Klappsessel (je 800 Gramm) in den Beiwagen. Der passende Tisch wird tagelang ausgetüftelt, und noch rasch aus Sperrholz und ein paar Resten gebaut, klappbar, in der Größe auf unsere Motorradkoffer abgestimmt. Die Küche wird wieder in der abnehmbaren Alukiste am Gespann mitreisen, der Zeltsack wandert auf den Beiwagen, Schlafsäcke und Matten haben (noch) vor Anna im Beiwagen Platz.

Heuer wird´s wieder ein kürzerer Urlaub, nach den zwei Monaten Australien letztes Jahr. Weil wir in gut 20 Tagen mit unseren Motorrädern nicht weit kommen, stecken wir unsere Ziele diesmal nicht so weit. Evas Schwester Maria arbeitet in Zürich als Bibliothekarin an der Eidgenössischen Technischen Hochschule, und wir wollen sie besuchen.
Die Vorbereitungen sind trotzdem umfangreich, denn einerseits bleibt neben dem Büro nicht viel Zeit und speziell das MZ-Gespann ist nicht fahrbereit, andererseits stellt eine Reise im Alpenraum viel höhere Ansprüche an die Ausrüstung als beispielsweise nach Griechenland, wo man sich über Kälte oder ein paar Tage Regenwetter nicht viel Gedanken zu machen braucht.

Und unsere Motorräder? Evas treuer Yamaha XT 500 geht es heuer im Frühjahr nicht so gut, sie hustet und spuckt, was sich durch Austauschen des Unterbrechers und Luftfilter putzen beheben lässt. Die neuen Alukoffer sind endlich doch fertig geworden und samt dem Edelstahlträger auch schon getestet, was uns sehr angenehme Packreserven bringt und manche Stopferei erspart. Das Eisenschwein ist schon mehr Arbeit, nachdem es letztes Jahr kaum bewegt wurde. Die Testfahrt nach Hartberg verläuft bis auf einen Reglerschaden zufriedenstellend, der sich mit etwas Schleifpapier beheben lässt. Gottseidank, es hätte auch wieder mal die Lichtmaschine sein können...
Das SR-Gespann ist noch viel Arbeit, bis es sich zum Reisen eignet. Angefangen von Motorproblemen über Gepäckunterbringung bis hin zur Fahrwerksoptimierung ist hier noch viel zu tun - zu viel vor dem Sommer.



Auf der Weinebene

Kurzkurs Gespannfahren:

Linkskurven verlangen die Vorderbremse bzw. Gas wehnehmen, damit der Beiwagen die Fuhre in die Kurve schiebt. Nicht zuviel, sonst übersteuert der Beiwagen, dann muss mit der Beiwagenbremse stabilisiert werden.

In Rechtskehren gleichzeitig die Fußbremse treten (die ja die Beiwagenbremse mitbetätigt) und Gas geben, so dass das Motorrad sozusagen um den Beiwagen herumfährt. Nicht zu flott, sonst kommt letzterer hoch, und bei Urlaubsbeladung ist das nicht so gut...


Graz Abreise

Nur sehr zäh geht es voran. Und dazu die Hitze, wir sind komplett nassgeschwitzt, und den Motorrädern fehlt der kühlende Fahrtwind auch merklich. Am 15. Juli mittags ist es ordentlich warm und sonnig, ganz ungewohnt für die Jahreszeit, wo es doch meistens regnet. Bald waren wir an der Stadtgrenze, wollten die ersten Kilometer auf der Autobahn fahren, um nicht in den Einkaufsverkehr zu geraten. Und jetzt stecken wir im Autobahnbaustellenstau! Es ist doch zu blöd! Der Stop-and-Go-Verkehr ist mühsam, unsere zusammen fast 60 Jahre alten Getriebe lassen sich nicht so gerne im Stand schalten, und ständig kuppeln ist anstrengend. Wir sind daher leider gezwungen, auf dem Pannenstreifen vorzufahren, um einem nervlichen und hitzemäßigen Kollaps vorzubeugen. Mit zweieinhalb Motorrädern ist das gerade noch kein Problem.
Dann aber nichts wie runter von der Autostrada, die kleinen Straßen sind uns weitaus lieber. Eine solche führt über die Berge ins Lavanttal, über die Weinebene. Mittlerweile fast durchgehend asphaltiert ist das eine willkommene Alternative zur sattsam bekannten Pack. Hier endet unser Urlaub schon beinahe. Eva muss lange auf Anna und mich warten, der Motor hatte auf der langen Ostrampe kreischend seinen Dienst versagt, wäre beinahe festgegangen und den Hitzetod gestorben. Warum das?, denke ich mir, während der 250er knisternd abkühlt. Anscheinend zu heiß geworden. Der neue Motor will wohl etwas fetteres Gemisch, vielleicht ist auch die Zündung verstellt? Sicherheitshalber gebe ich etwas mehr Öl in den Tank.
Nach einigen Minuten gehen wir die Steigung nochmal an, diesmal im ersten Gang, und es geht gut bis hinauf. Anna hat das Ganze wenig beunruhigt, sie war nur kurz im Beiwagen aufgewacht. Auf der Passhöhe Rast, ein Foto. Ein älterer Herr, mit einem Kadett heraufgefahren, erzählt von seinen Motorrädern. Eine Zündapp hätte er gehabt, und eine Matchless. Nie hätte er sie hergegeben, fast verschenkt, wenn er geahnt hätte, dass die mal was wert sein könnten. Mit einem alten Motorrad, speziell mit Beiwagen, ergeben sich sehr schnell Gespräche, das war uns schon immer so gegangen. Außer vielleicht in Polen, wo wir uns nahtlos ins Straßenbild eingefügt hatten.



Blick vom Gailbergsattel ins Tal


Seltenes Gerät: Eine "Boss Hoss" aus USA, mit V8-Chevrolet-Motor, 550 kg Eigengewicht, Automatik.
"The classic Boss Hoss has the dependability and massive power of a small block Chevy 350 V8 under the seat."


Kärnten

Die Abfahrt ins Lavanttal fordert wieder volle Aufmerksamkeit. Nach einem Autourlaub will das beladene Gespann, mit anderen Reifen und neu eingestellten Bremsen, wieder kennengelernt werden.


Alles funktioniert gut, und so bin ich spätestens unten im Lavanttal wieder in Gedanken versunken. Beim Motorradreisen kann man gut und viel Nachdenken, das mag ich auch sehr daran.
Es beginnt zu regnen als wir den Talboden erreichen. Da wir ohnehin noch einkaufen müssen, flüchten wir in ein Geschäft. Dann Regenkombis anziehen, Verdeck aufbauen für Anna, weiterfahren. Die kleinen Straßen sind angenehm zu fahren bei Regen. Die Fontänen von schmutzigem Wasser, die man sonst von den anderen Autos und besonders den LKWs abbekommt, fallen praktisch weg. Dafür bereitet die Orientierung Schwierigkeiten, weil meistens nur der nächste kleine Ort beschildert ist, die Karte durch die Regenhaube und viele Wassertropfen schwerer lesbar. So müssen wir ein paar mal umdrehen, was Eva auch bei Regen nicht sehr freut.

Bei Anbruch der Dunkelheit erreichen wir den Stausee Freibach am Fuße des Hochobir. Da es immer noch regnet, suchen wir keinen Schlafplatz "im Geheimen", sondern fragen einfach im Gasthaus, ob wir hier irgendwo zelten dürfen. Der Wirt ist zwar kein großer Redner, erlaubt uns aber freundlich, auf der Wiese am See zu bleiben ("Jo, glei do untn"). So endet der erste, anstrengende Tag mit Zeltaufbau im nassen Gras und der Hoffnung, das Wetter möge sich bis morgen bessern. Wir trinken noch Wein im Gastgarten, lassen den Tag ausklingen und kommen mit den einzigen anderen Gästen ins Gespräch. Deutsche Urlauber, die in der Nähe auf einer Hütte wohnen. Sie sind hier unten, weil ihr Sohn so gerne angelt. Der Wirt bereitet gerade die Fische zu, und der kleine Angler war heute so erfolgreich, dass wir auch zu einem köstlichen Saibling eingeladen werden. "Wollt ihr auch einen? Wir kriegen soviel sonst echt nicht weg!".

Sonne und Nebelreißen am nächsten Morgen. Nach einem Frühstück im Gasthaus heißt das Tagesziel Osttirol, durch das beschauliche Rosental geht es westwärts, immer auf der "Karnischen Dolomitenstraße". Unsere Reisegeschwindigkeit liegt in der Ebene zwischen 70 und 80 km/h, je nach Kurvigkeit. Die Zündung an der MZ wird auf "früh" verstellt, ein paar der Zuluftöffnungen im Luftfilterkasten abgeklebt. Damit sollte unser Eisenschwein wieder pässetauglich sein, was sich auch bald darauf bestätigt, als wir den Gailbergsattel unter die Räder nehmen.
Von einem Parkplatz aus genießen wir den schönen Blick ins Drautal, können schon nach Osttirol hinübersehen, wo wir wenig später unser Lager aufschlagen.




"La Strada" in Lienz

Osttirol
Der Campingplatz "Seewiese" am Tristachsee, einige Kehren oberhalb des Talbodens, ist sehr schön gelegen, hier gönnen wir uns einen Ruhetag. Ein Ausflug nach Lienz zum Einkaufen bringt Überraschungen: Es findet ein Straßentheaterfestival statt, bunter Riesentrubel in der Fußgängerzone, Truppen aus ganz Europa sind da; leider fällt mittendrin mein Teleobjektiv auseinander. Die Blitzdiagnose lautet: Schraubenmangel wegen Vibrationen. Leider läßt sich Samstag nachmittags kein Ersatz auftreiben, das soll mich noch eine Zeit lang beschäftigen. Gemütlich geht´s auf dem Campingplatz zu: baden und lesen, schreiben und denken, spielen und grillen ist angesagt.
Ein Tag davon tankt uns wieder auf, so dass wir sonntags weiter in Richtung Schweiz fahren. Der Felbertauern steht uns bevor, der an sich kein Problem darstellt, da er sehr gut ausgebaut ist. Die XT macht leider immer öfter Schwierigkeiten beim Starten, geht im Leerlauf aus und muss hin und wieder angelaufen werden, was im Tunnel ein schwummriges Gefühl ergibt. Die 5,3 km Röhrenfahrerei ist auch abgasmäßig nicht sehr angenehm, wir sind froh wieder frische Luft atmen zu können. In hochalpiner Landschaft gehts dahin, nach Mittersil und weiter über die alte Gerlosstraße in Richtung Zillertal.

Nicht so schlecht, das Wetter!

 

Der Tisch leistete gute Dienste

 
Beim Spielen, Tisch in Aktion


Noch etwas klappbares: Reisegrill



Vor uns liegt die alte Gerlosstraße: besonders schön
wenn man sie nach Westen fährt.

Tirol
Das Wetter ist traumhaft, vielleicht etwas zu warm. Pause an einem Stausee, Siesta, Jause, wir schauen den Anglern zu. Am frühen Nachmittag erreichen wir das Inntal. Hitze total. Nach dem Tanken will die XT endgültig nicht mehr, auch mit Anschieben ist nichts zu holen. Also Zündung auf, Lokalaugenschein. Der Zündzeitpunkt ist zu spät, wahrscheinlich hat sich der neue Unterbrecher trotz Schmierung erst einlaufen müssen. Schnell auf den korrekten Wert eingestellt, von da an ist das Ankicken wieder eine sichere Sache. Ist auch besser so, bei dieser Hitze!

Wir kehren bei einem Gasthaus ein, machen Rast. Die Vorderbremse der MZ ist nachzustellen, widerwillig erledige ich die Arbeit am Parkplatz. Aber für unser nächstes Vorhaben brauche ich sie dringend. Wir fahren nämlich noch in die Berge, zum Gamssteinhaus auf knapp 1700m hinauf, wo wir der Hitze im Tal entfliehen können. Recht steil und eng windet sich die kleine Straße von Pill aus den Berg hinauf, eine knappe halbe Stunde lang, viel davon im ersten Gang. Und dann noch die Schotterstraße, etwa 5 km. Die unguten Kehren kommen erst ganz zum Schluss, so dass Eva sie nicht fahren muss - ich lenke die XT hinauf, sie geht zu Fuß. Vor dem Essen unternehmen wir noch eine Wanderung auf den nächstgelegenen Gipfel, genießen den Ausblick. Dann Abstieg zur Jause. Müde sind wir alle zusammen, so dass wir uns dafür entscheiden, eines der urigen Zimmer zu belegen. Lustig ist es für mich hier oben, weil ich die Gegend nur im Winter kenne.

Am nächsten Tag: wieder Sonne. Wir haben echt Glück mit dem Wetter, denken wir uns, als wir die steile Straße hinunterzuckeln. Und gut, dass die Vorderbremse wieder ordentlich zieht. Unten im Tal zischen die Bremstrommeln, wenn man draufspuckt. In Innsbruck ein kurzer Halt, wegen dem Objektiv herumfragen, aber es findet sich kein Reparateur, würde alles nach Wien geschickt. Also weiter. Auf die Autobahn, mit einem unguten Gefühl. Es ist wieder heiß, um die Mittagszeit, und wir versuchen schnell aus der Stadt zu kommen. Diesmal gibt es aber keine Baustelle, und als wir in Telfs abfahren, ist das Gefühl verschwunden. Parallel zum Inntal fahren wir bis Imst, von dort über das hochalpine Hahntennjoch ins Lechtal hinüber. Sehr schön, denken wir uns auch, als es den Hochtannberg raufgeht, doch oben fängt es leider zu regnen an. Gleich ordentlich, so dass wir uns wieder in die Kluft quälen müssen.



Picknick in der Bregenzer Ache


Rappenlochschlucht
 
Vorarlberg

Der Regen hört bald wieder auf, und die Sonne trocknet den Asphalt atemberaubend schnell. Durch den Bregenzer Wald fahren wir zügig, über das Bödele erreichen wir am Nachmittag Dornbirn. Rasten, Kaffee trinken, Eis essen. Ein Anruf bei Michi in Lustenau, wo wir angekündigt und zum Übernachten eingeladen sind. Wir können kommen.

Das Zelt dürfen wir im Garten aufbauen, dann eine warme Dusche genießen, und ein sehr sehr leckeres Abendessen mit Michi und Tanja. Außerdem gesellen sich so nach und nach ein Cousin samt Freundin, die Großmutter und der Vater dazu, für uns eine nette Gelegenheit, uns an den Vorarlberger Dialekt zu gewöhnen. Später werden wir feststellen, dass das ein gutes Training war, die Deutschschweizer sprechen ähnlich, nur viel langsamer.

Ein Tag in Bregenz, der im Mai noch überschwemmten Landeshauptstadt, kann recht anstrengend sein. Vor allem wenn man zuvor noch die Rappenlochschlucht besucht, mit dem ältesten Wasserkraftwerk Europas - eine nette Kraxelei über allerlei Stege und Felswege in der Klamm. Das neue Kunsthaus ist ebenso interessant wie die Fußgängerzone, die Seepromenade, die Oberstadt, der Martinsturm. Am meisten gefällt mir allerdings, dass ein kleiner Fotohändler mir drei passende Schrauben schenkt, für das Teleobjektiv. Nach einigen Zusammenbauversuchen funktioniert es wieder! Jetzt ist es nicht mehr weit nach Zürich, das sollten wir in einem Tag schaffen.

Abends hat Michi mit uns noch etwas Spezielles vor. Mit seinem Pickup und Picknickausrüstung geht´s nach Bregenz, wo unweit der Eisenbahnbrücke die Bregenzer Ache eine sehenswerte Felsinsel zurechtgeschliffen hat. Zwar müssen wir kalten Fußes hinüberfurten, werden aber durch einen traumhaft schönen Grillabend samt passendem Sonnenuntergang entschädigt. Der Abschied fällt schwer, zu viel hätte es noch zu erforschen gegeben in diesem "Ländle", aber unsere Zeit ist nicht so reichlich, wir müssen weiter. Ein gemütliches Frühstück kriegen wir noch auf den Weg, bevor wir über die Grenze in die Schweiz...- halt!


Brunnen in Dornbirn

Gestern hatten wir unsere Urlaubspost erledigt, gemütlich am Bodensee sitzend, aber Anna hatte ihre Adressenliste nicht dabei. Also doch noch eine Pause am Hauptplatz von Lustenau, mit seinen lustigen Wasserfontänen, und Postkarten schreiben.

Aber dann geht´s es los in die Eidgenossenschaft! Wir sind auf Vieles vorbereitet bei unserer geplanten Einreise ins saubere und korrekte Schweizerland, haben Pässe und grüne Karte griffbereit - und werden einfach durchgewunken! Grüezi!

Das "Bluthaus" in Dornbirn


Erstes Teilstück der Reise:

Graz-Zürich

1000 km

7 Tage

 

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