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Libyen 2000 Teil 3
   




Idinen, der Geisterberg


Wadi Tannezouft

Al Aweynat

Wir haben Glück und kehren bei einem Restaurant ein, vor dem ein Allrad-Wohnmobil parkt, und kommen mit den Leuten ins Plaudern. Gerhard und Liesl haben gerade einen Führer für 3 Tage Akakus gebucht, möchten danach auf einer anderen Strecke nach Norden hinauf, für die sie etwa 500 Wegpunkte haben und die nicht führerpflichtig ist. Dafür suchen sie aber noch ein Begleitfahrzeug, für Notfälle und größere Schaufel- und Bergeaktionen. Da werden wir uns schnell einig, so bleibt auch etwas Zeit für einen Abstecher nach Ghat. Wir übernachten am Campingplatz 3 km nach der Tankstelle, wo uns eine der seltenen warmen Duschen erwartet. Und, trotz üblem Aussehen, das wohlschmeckendste Trinkwasser der Reise.


Von Al Aweynat ins Wadi Tannezouft

Mittwoch 8.3. / Tag 18. Ein halber Ruhetag. Ausschlafen, kleine Servicearbeiten und Überprüfungen, lesen, Musik hören, nähen. Martin hat für seine Hinterachsmutter eine Stecknuss dabei, die leider nicht auf die vorhandenen Ratschen passt, so wird aus einem alten Meissel ein passender Adapter gefeilt. Nachmittags brechen wir auf, zunächst eine gute Stunde auf der Asphaltstraße nach Süden.

Die Berge rücken immer näher zur Straße, eine gewaltige Kulisse. Der Berg Idinen hat besonders pittoreske Steintürme, heißt wohl deshalb Geisterberg. Dann taucht eine Dünenkette auf, wir biegen ab und fahren parallel zur Straße, zwischen Dünen und Gebirge, durchs Wadi Tannezouft weiter. Die Nachmittagssonne macht alle Farben intensiver, es ist phantastisch! Der gelborange Sand vor den schwarzen Bergen, darüber ein wolkenloser Himmel.

Wir passieren einige Tuareg-Ansiedlungen, wovon zumindest eine nicht dauerhaft ist: Die Familie hat sich hier anscheinend nur für ein paar Wochen mit ihren Zelten niedergelassen, da Regen gefallen war und den Talboden kurzfristig in eine saftige Weide verwandelt hat. Am Fuße einer riesigen Tamarisken-Kupste schlagen wir die Zelte auf. Das ist ein durchwurzelter Erdhügel, der stehenbleibt, während die Erosion rundherum Gelände abträgt. Unser Exemplar dürfte etwa 6 Meter hoch sein und ist Ausguck und wohl auch Nistplatz für zahlreiche Vögel.


"Unser" Campingplatz



Wadi Tannezouft nach Ghat

Donnerstag 9.3. / Tag 19 / km 2700. Ghat ist das Tagesziel. Weil das ja nur noch 20 Kilometer sind, haben wir es morgens nicht eilig ...

Leider haben wir die Schwierigkeiten der Strecke unterschätzt und dürfen dann in der Mittagshitze durch den Weichsand koffern. Die letzten Kilometer sind nämlich reichlich ekelhaft. Zwischenzeitlich wird das Öl so heiß, dass mein Motor eine Abkühlungspause braucht.

Am Nachmittag erreichen wir dann, verschwitzt und staubig, einen kleinen Campingplatz unweit der Stadt. Der ist sehr malerisch, allerdings noch nicht ganz fertig. An den Sanitäranlagen wird noch gebaut, so dass zwar Toilette und Dusche - typischerweise jeweils in einem verliesartigen Raum zusammengefasst - vorhanden sind, aber keine Waschbecken. Also kann man sein Geschirr entweder am bodennahen Klowasserhahn oder knapp unter der Decke beim Duschauslass abwaschen.

Wir rasten ein wenig, schreiben Postkarten, putzen Luftfilter. Abends spazieren wir in die Stadt, einkaufen. Martin telefoniert nach Hause. Wir haben den südlichsten Punkt unserer Reise erreicht, genau 2500 km Luftlinie von Graz entfernt.


Shopping in Ghat.



 
Wir verpflegen uns für unsere letzte große Etappe. Nur Brot gibt es wieder mal keines, das will morgen früh vor der staatlichen Bäckerei ergattert werden. Die libysche Marmelade meiden wir inzwischen, es handelt sich offentlich um petrochemische Abfälle, die durch Verfüttern an die Bevölkerung entsorgt werden. Die Erdbeermarmelade hat sicher nie eine Frucht gesehen, besitzt die Konsistenz von Tortenglasur und schmeckt ähnlich wie Tutti-Frutti-Fruchtgummis. Da stellt man sich doch gerne auf Schmelzkäse-Eckerl um.

Ganz wichtig für Zwischendurch sind aber Kekse und Schokoriegel, vorzugsweise aus Ägypten. "Mandorla" (auch Monolith genannt und Twix-ähnlich) und "Samba" heißen die Favoriten, letzteres eine Waffel mit weißer Schokolade überzogen.

Die hiesigen "Smartys" haben leider nur äußerlich Ähnlichkeit mit dem "Smarties"-Original, es handelt sich um grellbunte monolithische Zuckerstücke. Die Martin mit dem Hinweis verspeist, es handle sich dabei doch immerhin um Kohlehydrate ...

Markus´ Lebenselixier ist gottseidank überall erhältlich: Nescafe zur morgendlichen Herstellung des hochdosierten und ausschließlich von ihm trinkbaren "Werkstattkaffees".





Ghat und der Einstieg in die Grenzroute

Freitag 10.3. / Tag 20. In der Früh Brot kaufen, das dauert wieder eine gute Stunde. Für eine Altstadtbesichtigung bleibt nur wenig Zeit, wir sind um vier in Al Awaynat verabredet. Trotzdem lohnt ein Besuch der dahinbröckelnden Lehmbauten. Die Altstadt wurde komplett aus Lehm und etwas Holz erbaut, verfällt aber stetig da die Bewohner in "moderne" Betonhäuser umgesiedelt wurden. Nur langsam siedeln sich mit dem zunehmenden Tourismus vereinzelt Kunsthandwerksbetriebe in den Ruinen an. Das Bild links zeigt übrigens die typische Anlage der Wüstenstadt: Um das kleine Zentrum erstrecken sich ringförmig bewässerte Gärten, Felder und Palmenhaine, und wenige hundert Meter von der Altstadt herrscht schon völlige Trockenheit, Sanddünen.

Zwei Stunden entspannender Fahrt nach Norden bringen uns zum vereinbarten Treffpunkt, dann ebensolanges Warten auf Gerhard und Liesl. Die kommen dann doch noch, ihr Führer hatte getrödelt. Inzwischen haben wir getankt und können gleich aufbrechen. Etwa 80 km weit kommen wir noch, bis uns das Tageslicht verlässt. Am Fuß einer Düne campieren wir, werden zu gefüllten Paprika ins "Wohnmobil" geladen. Die beiden haben reichlich Vorräte im Lager, wir werden mit Multivitaminsaft und Kärntnerwürsteln verwöhnt. Bier gibts erst im Erg, als Belohnung fürs Schaufeln.

Das war einer der kulinarischen Höhepunkte der Reise. Die muss man sich ohnehin selbst erkochen, die heimische Gastronomie bietet nicht viel. Das Standardgericht "farcha we russ" ist eine totgebratene dürre Henne mit weißem trockenem Reis. Alternativen sind Sandwich mit Dosenthunfisch oder, wenn man Glück hat, ein Omelett. Meist gibt es ohnehin nur ein Gericht und daher keine Auswahlprobleme.







Grenzroute zweiter Tag: Pistenfahren

Samstag 11.3. / Tag 21. Über Sandebenen und Hamadah gelangen wir in immer steinigere Gegenden. Als es gerade mal wirklich schön staubig ist, überholt und eine Truppe Motorradfahrer mit Begleit-LKW, immer schön knapp mit Vollgas vorbei. Sehr beliebt sind solche Gruppen bei den anderen Reisenden nicht, da sind die Leute unterwegs, denen zu Hause die Kiesgrube zu klein ist. Aber das ist nur eine kurze Episode, man trifft hier nicht wirklich oft andere Reisende. Gerade ein paar Hundert, zum Großteil mit einheimischen Veranstaltern unterwegs, dürften sich derzeit in Libyen aufhalten. Hauptsächlich Deutsche, Österreicher, ein paar Schweizer, Engländer, Italiener und Franzosen.

Die Strecke ist landschaftlich abwechslungsreich, die Gegend eher weitläufig. Trotz seiner 5 Tonnen legt der Allrad-Iveco ein ordentliches Tempo vor, so dass wir vier aufgrund der Gruppendynamik oft die langsameren sind. In den Bergen wählen wir einen falschen Abzweiger und müssen durch grobsteiniges Gebiet mit ein paar unangenehmen Passagen, um wieder auf die Piste zu gelangen. Das kostet Zeit. Nach gut 160 km ist für heute Schluss, die letzte Viertelstunde fahren wir schon im Scheinwerferlicht, um Gerhard am vereinbarten Wegpunkt zu erreichen.

Die Verfahrerei war nicht eingeplant, die Etappe zu lang. Obwohl die Dünen des Erg Ubari schon in Sichtweite sind, wollen wir nicht noch 10 km in der Dunkelheit weiterfahren, das Risiko und die Müdigkeit sind schon zu groß. Daher wird das Zelt in einer recht steinigen Gegend aufgebaut, ein paar sandige Flecken finden sich im Schein der Taschenlampe. Wir haben zwar noch nicht geschaufelt, aber ein kaltes Gösser schlagen wir dennoch nicht aus, am Ende eines langen Tages. In der Nacht noch tanken wir die Benzinvorräte aus den Kanistern in die Haupttanks. Irgendwann heute sind wir unseren 3000sten Kilometer gefahren. Ein märchenhafter Sternenhimmel lohnt die Strapazen wieder einmal.





Grenzroute dritter Tag: Im Sandmeer

Sonntag 12.3. / Tag 22. Durch den Erg Ubari. Heute ist ein früher Aufbruch angesagt, wir wollen fahren solange der kühle Sand noch trägt. Während wir unser Zeug einpacken, gibt Gerhard die Wegpunkte in ein GPS-Gerät ein, die wir dann auf die restlichen GARMINs überspielen. Satte 100 km Sand fahren wir heute, und es geht recht gut. Der Luftdruck ist auf 0,5 vorne und 0,8 hinten abgelassen, Reifenhalter sei Dank.

Der Iveco braucht einmal längere Schaufelhilfe, fährt aber ansonsten sehr flott und problemlos. Diese 4x4-Version ist speziell fürs Militär gebaut worden und mit einem selbstgebauten Wohnkoffer ausgerüstet.
Mit den Moppeds sanden wir wesentlich häufiger ein, sind aber auch recht schnell wieder flott. Dadurch dass wir alle die gleichen Daten am GPS haben, können wir vorausfahren und die Übergänge herausfinden, den Iveco einweisen. Wir können etwas früher Schluss machen, die Hamadah und damit das Ende der Dünen ist in Sicht.

Der restliche Nachmittag wird von allen sehr genossen. Markus erkundet die Gegend auf Martins KTM. Ich tausche zwei Kettenführungsrollen und entdecke dabei, dass ein hinteres Federbeinauge abgerissen ist, es ist allerdings in seiner Position anscheinend so verkeilt, dass das gar nicht auffällt. Vorsichtig zusammenbauen und weiterfahren.





Grenzroute vierter Tag: Quer durch

Montag 13.3. / Tag 23. Bei unserem Lagerplatz bleibt nur ein Sandengel zurück.

Über eine letzte Sandebene mit Tamariskenkupsten und schöne Täler fahren wir hinauf aufs Plateau der Hamadah al Hamra. Das war das letzte echte Dünenstück der Reise. Schade.

Wir laden unsere Reserven aus dem Wohnmobil (55 Liter Benzin und ein paar Wasserkanister) und verabschieden uns von Gerhard und Liesl, die es weniger eilig haben als wir, unsere Fähre geht schon am Freitag.

Vorerst sind wir noch zwei Stunden aufgehalten: Mein Federbein rüttelt sich los und zerschlägt einen der Vergaserstutzen. Die Reparatur ist mühsam, gelingt aber mit Klebeband und Kabelbindern zufriedenstellend. Das Federbein wird zukünftig mit Spanngurten in seiner Position gehalten.


Versteinertes Holz
  Sehr flott geht es praktisch ohne Pausen über die Ebene, lediglich einige Schwemmtonebenen und versteinertes Holz verlocken zu kurzen Fotostops.

Seit gestern sind wir einer recht deutlichen Piste gefolgt, nachdem uns die Wegpunkte zunehmend in unwegsameres Gelände geführt hätten. Gegen Abend müssen wir uns entscheiden was weiter zu tun ist: Die Spuren fächern auf und verzweigen sich, eine Hauptspur oder Markierungen sind schwer festzustellen. Sie scheinen aber nach Ghadames und damit in algerische Grenznähe zu führen, und das scheint uns unklug. Wir können in der Nacht schon die Flammen der algerischen Ölfelder sehen, wo Erdgas abgefackelt wird.


Viel Gegend, auch querfeldein

 

Also doch lieber in Richtung Derj, wir werden morgen querfeldein etwa 30 km nach Nordosten fahren, um auf die sogenannte "Dünenstrecke" zu gelangen. Unser Nachtplatz bietet wieder einmal viel Ausblick, ungehindert rundum. Die höchsten Erhebungen außer uns sind maximal wadlhohe Büsche.

Ich schreibe noch lange Tagebuch und höre Musik, so dass ich die Ankunft von einigen Kamelen am Lagerplatz zunächst nicht bemerke. Ich erschrecke genauso wie die nächtlichen Wanderer, als ich mit der Taschenlampe in ihre Richtung leuchte.



Grenzroute Tag 5: Über Reg und Pisten nach Derj, dann Nalut

Dienstag 14.3. / Tag 24. Kurz nach 9 Uhr sitzen wir im Sattel, fahren in der morgendlichen Kühle über die harte Reg-Ebene. Immer wieder queren kleine Erosionsrinnen und verlangen Konzentration, auch wenn es zwischendurch flotter dahingeht. Aus den vielen Spuren und kleinen Pisten suchen wir uns diejenigen heraus, die in unsere Richtung gehen. Haben wir mal keine Spur, geht es halt so weiter, "immer dem Pfeil nach". Einmal begegnen wir Nomaden, die hier mit einem Tanklaster voll Wasser und ihren Schafen die kargen Weideflächen abfahren. Gegen Mittag treffen wir auf den angepeilten Wegpunkt, den wir am Wrack eines Pick-Ups erkennen - und auf Gerhard, der mit dem IVECO gerade aus einer anderen Richtung ankommt. Großes Hallo.

Auf großteils bekannter Strecke (von der Herfahrt) donnern wir nach Derj, volltanken, etwas essen, und weiter auf der Straße. 235 km später erreichen wir kurz vor Sonnenuntergang Nalut.


 

Dort kommen wir wieder in der Jugendherberge unter. Wir besuchen noch in der Dämmerung den Vieh- und Gemüsemarkt und die alte Speicherburg, den Ksar.

Das lohnt sich wirklich, noch einmal lässt sich die Müdigkeit verdrängen, als wir die skurrilen Lehmtürmchen und Gassen sehen.

Dann ist aber Schluss, 450 km haben heute gereicht. Trotzdem, ein Ölwechsel muss noch gehen bei den Hondas, und volltanken auch. Abendessen kriegen wir glücklicherweise in der Jugendherberge, auf Kochen hätte heute keiner mehr Lust. Bei einer ausnahmsweise leckeren Chorba (scharfer Gemüseeintopf) mit reichlich Brot verfolgen wir das Weltgeschehen auf CNN.


Der Ksar von Nalut - außerirdische Zwergenstadt ?


 
Nalut/Libyen bis Gabes/Tunesien

Mittwoch 15.3. / Tag 25. 440 km Asphalt stehen auf dem Programm. Es wären auch mehr geworden, hätte nicht meine Ténéré wieder Mucken gemacht. Die Auspuffdichtung zwischen Krümmer und Topf wandert aus ihrem Sitz, es wird laut und schön warm am Oberschenkel. Auch sind Geschwindigkeiten über 80 km/h nicht möglich, weil dann ein Geruckel anfängt, Ursache unbekannt. Aufholjagden nach Fotostops sind daher nicht mehr möglich.

Die Grenzabfertigung ist erstaunlich zügig, eine gute halbe Stunde in Libyen und nochmal 20 Minuten auf der tunesischen Seite, das geht doch. Dann haben wir alle Stempel im Pass, Zettel ausgefüllt, Stempelmarken geklebt - und immer noch ein libysches Nummerntaferl übrig! Bei der Einreise hatte ja jeder zwei nehmen müssen. Keiner fragt nach der zweiten Tafel, und wir haben ein nettes Souvenir. Teuer genug sind die Dinger ja: An der Grenze muss man dafür 50 Dinar offiziell zu einem miesen Kurs wechseln. Die kriegt man bei der Ausreise zurück, leider in nicht konvertierbaren libyschen Dinaren. In Tunesien tauscht man diese am Straßenrand um, unter Verlust von etwa 175 Euro.

Es ist wieder empfindlich kalt, bis auf die Regensachen haben wir heute alles an, bei der langen Unterwäsche angefangen. Auch ist es bewölkt, manchmal nieselt es etwas.


Der Speisesaal der JH Gabes

In Tunesien fallen im Gegensatz zu Libyen die häufigen Kontrollen nach der Grenze auf, wo abwechselnd Polizei, Zoll, Militär und Nationalgarde die Pässe anschauen. Auch im Land gibt es häufig Kontrollen, Tunesien versteht sich als Bollwerk gegen den Radikal-Islamismus algerischer Prägung und begegnet diesem mit strenger Überwachung. Als offensichtliche Touristen werden wir aber stets durchgewunken, meistens mit einer Aufforderung zum Gas geben bzw. Wheelie verbunden.

Ein leckeres Mittagessen kostet 10 Euro pro Kopf, bringt uns aber konditionsmäßig wieder in Fahrt, so dass wir´s doch noch nach Gabes schaffen. Vorteil: Hier wissen wir schon wo die Jugendherberge ist. Die Motorräder dürfen im Speisesaal übernachten.

Tunesisches Wetter: Regenkombi mitnehmen, gegen Wind und Regen! Eventuell in der Jugendherberge von Gabes deponieren, das schaut vertrauenswürdig aus. Wir hatten uns ein Paket für die Heimfahrt postlagernd nach Tunis geschickt: längere Übersetzung fürs Autobahnfahren, warme Socken und Handschuhe, Regenkombis, Landkarten.
Zwei Fehler: Erstens hätten wir das Zeug bis/von Gabes gut brauchen können. Zweitens war das Hauptpostamt von Tunis wegen Feiertagen geschlossen. So mussten wir frierend mit zu kurzer Übersetzung durch Italien fahren, zuhause einige Wochen warten bis das Paket ankam, und dann noch rund 50 Euro tunesische Depotgebühren zahlen damit wir es zurückbekamen. Verdammt.


Gabes-Tunis mit Vergaserproblemen

Donnerstag 16.3. / Tag 26. Noch 380 km bis Tunis. Recht kurzweilig, es gibt viel zu sehen am Weg. Die Landschaft ändert sich immer rascher, leider ist es kühl und windig. An unserem Frühstart nicht unschuldig sind die zahlreichen Muezzins, die sich beim Morgengebet übertreffen. Als die Schreierei gar nicht mehr aufhören mag - ein Minarett befindet sich gleich hinter der Herberge - fragen wir nach und erfahren, dass das Fest des Hammels stattfindet, also ein Feiertag ist.

Heute wird traditionellerweise in jeder Familie ein Hammel geschlachtet und zubereitet, daran wird dann drei Tage lang gegessen. In dieser Zeit sind naturgemäß die Lebensmittelgeschäfte und Restaurants geschlossen, auch die meisten anderen Läden haben zu.


Wasserpfeifengeschäft in Tunis

An einer Tankstelle können wir ein paar französische Franc wechseln, somit volltanken und uns noch einen Kaffee leisten. Das weitere Fortkommen wird durch einige technische Stops gebremst: anscheinend ist Dreck in der Benzinzufuhr meiner Yamaha, erst eine komplette Vergaserreinigung und das Abhängen von Benzinpumpe und Filter ermöglichen wieder ein ruckelfreies Fahren jenseits der 40 km/h. Die Schraubereien sind auf der Strecke, bei recht starkem Wind, keine lustige Sache.

Auf der Höhe von Hammamet regnet es kurz, bis Tunis hat sich das verzogen. Wir tasten uns in Richtung Zentrum, finden in die Nähe des Souks und somit der Jugendherberge. Der Souk ist das traditionelle Händlerviertel, mit einem Labyrinth von schmalen teils überdachten Gassen.

Ein freundlicher Mensch fährt uns mit seinem Mofa voran, gegen ein paar Einbahnen, so dass wir nach einigen Fehlversuchen schlussendlich doch noch ankommen. Die Motorräder dürfen im Eingangsraum und im Hof parken, was ein seltsames Bild abgibt: Die staubigen und verdreckten, doch etwas groben Geräte als Kontrast zu den feinen, 300 Jahre alten Zierfliesen. Der Wetterbericht auf Kurzwelle macht besorgt: Ein Meter Neuschnee am Radstädter Tauern, Winterreifenpflicht auch auf der Südautobahn, Schnee bis in die Tallagen, 4-6°C und Schneefall in Wien, in Oberitalien Störungsreste, Regen und Schnee bis 700m . Brrr.


Unsere Kabine auf der "Carthage"
 
Tunis, der Souk, die Fähre

Freitag 17.3./ Afrika-Tag 27. Markus ruft zu Hause an, wir tanken nochmal mit relativ günstigem Sprit voll, kaufen Verpflegung für die Überfahrt, machen einen Rundgang im Souk, wo doch schon einige wenige Geschäfte aufsperren und Teppiche, Öllampen, Parfüms anbieten.

Schnelle Abfertigung am Hafen, verzurren der Motorräder mit schiffseigenen Gurten, Kabine beziehen. Es wird eine ruhige Überfahrt, die wir großteils verschlafen. Nachdem es in der Innenkabine komplett finster ist, wird unser sonnen- und mondgeeichtes Zeitgefühl überlistet, und wir werden erst am Vormittag vom Hunger geweckt.

Die Carthage ist ein brandneues Schiff, sehr modern. Das Abenteuer fängt halt jetzt erst in Tunis an, anstatt wie früher schon auf dem Schiff, als die alte kleine "Habib" die Strecke bediente. Da konnte man noch gut an Deck schlafen und erste Kontakte knüpfen, die Carthage ist ganz auf Innenraum gebaut, kaum vernünftige Deckplätze, überall Teppiche und Plüsch.


Abschied am Bahnhof Villach



Winterfreuden kurz vor Graz



Souvenir, Souvenir


Italien bis Graz

Samstag 18.3. Die "Carthage" ist flott, um 14.00 Uhr Ortszeit sind wir in Genua, kurz nach drei aus dem Hafen heraußen. Das Wetter ist schön, wie wir heute früh im Radio gehört haben ist auch die Lage in Österreich besser. Also beschließen wir eine lustige Strecke zu fahren, dafür später Autobahn. Zuerst nach Osten, geht es nach etwa 15 km über den Apennin nach Piacenca. Eine auch bei einheimischen Zweiradlern recht beliebte Strecke.

Auf der Autobahn bis hinter Brescia, Abendessen in einem "Autogrill". Klingt gefährlich, ist es aber nicht, da es auch Nudeln gibt. Noch zwei Stunden in der Finsternis bis Abfahrt Padova, dort mühsame Herbergssuche. Einbahnen, belegte Hotels. Gutes Ende: Campingplatz in Abano Terme gegen Mitternacht, ein Einschlafbierchen im Ristorante, nach 370 Kilometern.

Sonntag 19.3.2000 Noch etwa 500 km bis Graz! Autobahn bis zum nächsten "Autogrill", Brioche und Kaffee, weitere gerade Kilometer bis zur großen Linkskurve vor Udine. Mittagspause bei Gelato und Cappuccino in Palmanova, dem bildhübschen Renaissancestädtchen. Es ist kalt und bedeckt, reißt aber in Richtung Kanaltal deutlich auf, so dass die letzten Kilometer vor der Grenze auf der Bundesstraße großen Spaß machen.

In Kärnten schleichen wir aufgrund der Tempolimits, dafür bei Sonnenschein, mit 70 nach Villach, um gemeinsam Mittag zu essen (besser als die gegrillten Autos) und die Wiener Mopeds auf den Zug zu laden. Abschied, Martin und Markus fahren um vier auf der Schiene nach Wien, Michi und ich nehmen die Pack unter die Räder. Erst unweit der Passhöhe, als der Schnee auf der Straße liegenbleibt, wechseln wir auf die Autobahn. Dort ist freundlich gesalzen, und problemlos gelangen wir nach Graz, wo die Ténéré nach 31 Tagen wieder in der Garage geparkt wird.

Jetzt ist ein großes Service fällig. Nach 5500 km, davon gut 2000 offroad, darf es das auch.

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